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Anycubic Photon D2 im Test: Flüsterleiser 3D-Drucker mit energiesparender DLP-Technik - TechStage

Anycubic und Texas Instruments stellen Anfang September 2022 ihren zweiten DLP-Harzdrucker für den Hobbymarkt vor - den Photon D2. Der Vorgänger Anycubic Ultra war ein Flop. Beim Nachfolger haben die beiden Hersteller alles richtig gemacht.

Im Gegensatz zu den bekannten SLA-Druckern arbeiten die neuartigen Drucker präziser und verbrauchen dabei deutlich weniger Energie. Aufgrund ihres komplizierteren Systemaufbaus waren sie bis jetzt aber zu teuer für den Endverbraucher. Die Zusammenarbeit von Anycubic und Texas Instruments ändern das. In diesem Test geht es um den ab heute erhältlichen Anycubic Photon D2, der mit DLP-Belichtungstechnik arbeitet.

Stereolithograph apparatus: SLA-Harzdrucker besitzen unter dem Mono-Display eine Lichtmatrix aus rasterförmig angeordneten UV-LEDs. Dazwischen noch eine Platte aus Acrylglaskugeln, diese sorgen für eine gleichmäßigere Lichtverteilung. Das Mono-Display filtert das UV-Licht. Dort, wo es sich verdunkelt, kommt kein Licht durch und somit wird an diesen Stellen auch kein Resin gehärtet. Wo UV-Licht durch kommt, härtet das Resin aus.

Die große Anzahl der LEDs von SLA-Druckern erzeugen eine enorme Abwärme. Dafür benötigen die Geräte ein großes Kühlkörpersystem, welches Lärm verursacht und Strom kostet. Dieses simple System funktioniert mittlerweile sehr fehlerfrei und kann kostengünstig produziert werden. Aber der Wirkungsgrad dieser Technik tendiert eher in Richtung Glühbirne von 1990. Im Inneren dominieren große Aluminiumkühlkörper und laute Lüfter. Obendrein gibt es viel ungenütztes UV-Licht, das lediglich die Lebensdauer des Mono-Displays verkürzt.

Digital Light Prozessing: DLP-Drucker arbeiten komplett anders als die gängigen SLA-Drucker. Die von Texas Instruments gefertigte Kombination aus Mikrospiegeln und Linseneinheit ist das Herzstück des Photon D2. Das UV-Licht wird direkt über diese Mikrospiegel codiert. Danach wird es mithilfe einer Linse vergrößert und über einen Spiegelreflektor direkt auf die durchsichtige Unterseite des Harztanks projiziert. Hochkomplexe Technik, die leider bei dem ersten Modell des Anycubic Ultra, nicht zur Marktreife führte. Dort hatten Nutzer mit Streulicht zu kämpfen und so wuchsen eigenartigen Baumpilzstrukturen an den Druckteilen. Mit der verbesserten Version des Photon D2 haben wir keine Fehldrucke oder Baumpilzstrukturen feststellen können und sind entsprechend zufrieden mit dem Nachfolger.

Ganz klar SLA-Drucker sind durch ihre jahrelange Marktreife erprobt und kostengünstig. Für 649 Euro bekommt man das aktuelle Flaggschiff, den Anycubic Photon M3 Plus (Testbericht). Er bietet vollautomatische Resin-Überwachung, kurze Druckzeiten und einen riesigen Bauraum von 197 × 122 × 245 mm. Der in die Jahre gekommene Dauerbrenner Anycubic Mono X (Testbericht) kostet 449 Euro. Ein preiswerter Klassiker. Aufgrund des hohen Energieverbrauchs von Lichtmatrix und dessen Kühlsystems können SLA-Drucker allerdings einen bis zu fünfmal höherem Stromverbrauch als DLP-Drucker haben. Zur Veranschaulichung: Der D2 braucht etwa 15 W – beim SLA-Drucker Mono X ist nicht umsonst ein 140-W-Netzteil beigepackt. Dazu kommt noch die kurze Lebensdauer der Mono-Displays von maximal 2000 Stunden.

Unsere steigenden Energiepreise rücken so die Vorteile von DLP-Druckern in ein ganz neues Licht. Durch die DLP-Technik fällt das anfällige Mono-Display, die starke UV-Lichtmatrix und die dafür notwendige laute Kühlung einfach weg.

Der Photon D2 ist mit einer hochsensiblen Mikrospiegel Linseneinheit von Texas Instruments ausgestattet. Das schafft Vertrauen, da Texas Instruments einer der führenden amerikanischen Hersteller von Video-Beamer-Technologien ist. Die DLP-Technik hat eine viermal höhere Lichtausbeute. Durch die enorme Reduzierung der Lichtmenge fällt auch das gesamte interne Kühlungssystem weg. Dies ermöglicht einen sehr leisen Betrieb und reduziert auch störende Harzgerüche bis auf ein Minimum. Und das bei rund einem Viertel der Betriebskosten.

Zuerst packen wir alles vorsichtig aus und verbinden dann den Drucker mit dem beigepackten Netzkabel. Jetzt kann man anschalten, das Level-Papier auf die Glasplatte legen, die Schutzfolie der Bauplattform abziehen und mit den beigefügten Schrauben am Henkel montieren. Die Schrauben sollte man allerdings nur locker anschrauben. Dann kann man die Plattform an den Druckerarm befestigen und mittels der Home-Taste nach unten fahren. Dank der lockeren Schrauben drückt es den Schlitten gerade. Danach muss man die Plattform mit einer Hand leicht auf das untere Chassis pressen und mit der anderen Hand die Schrauben fest fixieren. Schon ist die Plattform eben zur Glasplatte ausgerichtet. Jetzt gilt es, den Abstand Z=0 richtig einzustellen. Das Leveling Paper sollte sich bei idealem Abstand schwergängig hin und her schieben lassen.

Nun fährt man die gelevelte, ausgerichtete und fixierte Bauplattform nach oben, den Harztank kann man im nächsten Schritt einsetzen und festschrauben. Nach dem Einfüllen des Resins kann direkt die Testdatei in Auftrag gegeben werden. Die Schritte werden auch in der mitgelieferten Bedienungsanleitung ausführlich und gut bebildert erklärt.

Die Bedienung des Druckers erfolgt über ein blau beleuchtetes 2,8-Zoll-LCD. Die Druckdaten sind ausschließlich über einen USB-Stick auf den Drucker übertragbar. Über die logische Menüstruktur kann hier etwa die Druckplattform gelevelt oder eine Tankreinigung durchgeführt werden.

Auf dem USB-Stick finden wir die hauseigene Slicer-Software Anycubic Slicer Workshop für Mac und Windows. Die Software funktioniert im Großen und Ganzen ordentlich. Bei größeren Supportstrukturen hängt sie sich allerdings gerne mal auf. Wir arbeiten privat deshalb hauptsächlich mit den Programmen Lychee oder Chitubox.

Die Technik wurde oben schon zur Genüge erklärt. Im Vergleich zu seinem Vorgänger hat die Belichtungskammer im unteren Chassis nun eine komplette Ummantelung bekommen. Jetzt gibt es auch keine störenden Lichtreflexionen mehr. Auch hat der Photon D2 einen etwas größeren Bauraum spendiert bekommen. Der Anycubic Ultra schaffte gerade einmal 102 x 58 x 165 mm. Der Photon D2 ist immerhin schon auf 131 x 73 x 165 mm angewachsen. Ein vergleichbar großer SLA-Drucker ist etwa der Halot One 130 x 82 x 160 mm 2k den wir auch schon im Test hatten. Dieser ist schon ab etwa 180 Euro erhältlich.

Alles in allem wirkt der Photon D2 einfach und doch solide. Die Führung der Bauplattform läuft zuverlässig über eine einarmige Führung des Z-Arms. Die lasergravierte Bauplattform bietet idealen Halt für die Druckstücke. Kleiner Tipp: Lösen sich die Druckstücke partout nicht von der Bauplattform, kann ein Spatel an die Kante des Drucks angesetzt werden. Jetzt muss man mit einem festen Schlag auf das Ende des Spatels das Objekt von der Plattform lösen.

Hardwaretechnisch ist es aus unserer Sicht eine enorme Leistung einen so präzisen und zuverlässig funktionierenden DLP-Drucker zu einem noch überschaubaren Preis anzubieten.

Anycubic behauptet, dass die xy-Auflösung des Photon D2 bei 51 Micron liegt. So vereinfacht gesagt ist der Photon D2 mit den gängigsten SLA-Druckern mit 4K-Auflösung vergleichbar. Die Mono-Displays der SLA-Drucker haben Pixel, diese xy-Pixelauflösung tritt bei gewissen Details mehr oder weniger in den Vordergrund. So ist bei den SLA-Druckern die xy-Auflösung ein gutes Richtmaß für gute Druckqualität. Je kleiner die Pixel des Mono-Displays, desto feinere Abstufungen in den dreidimensionalen Schichten des Modells.

Bei der DLP-Technik werden viele einzeln gerichtete UV-Lichtstrahlen von den Mikrospiegeln gelenkt, so entsteht zwar nicht das typische Mono-Display-Raster, aber bedingt durch die digitale Umwandlung und Lenkung von Licht via motorgesteuerten Mikrospiegeln dennoch eine Art Raster. Trotzdem, von der Tendenz her, geht DLP-Drucken eher in die Richtung einer Zeichnung.

Für unser Auge sehen die Drucke aus dem Photon D2 eher wie die eines 6k-SLA-Druckers aus. Auch die Kanten, Rundungen und feinsten Details erscheinen uns präziser und glatter gedruckt. Bei dem Modell der Kämpferin haben die Rundungen des Körpers einen samtigen Schimmer. Im Gegensatz dazu sind glattere Flächen und Kanten präziser geschnitten.

Das Modell von Notre Dame haben wir für diesen Test auf ein Viertel der üblichen Testgröße reduziert und kamen dann auch mit dem Photon D2 an Grenzen. Die feinsten Verstrebungen der Handläufe etwa, sind in der Druckgröße von 5 x 3 x 2,5 mm nicht mehr möglich. Auch nicht mit der DLP-Technik.

Das Druckqualitätsfazit lautet: Nach den ersten Tests erscheint uns die Technik nun ausgereift und hoch spannend! Eine echte Verbesserung, die wir weiter im Auge behalten werden. Auf jeden Fall werden die nächsten fiesen 3D-Modelle jetzt alle zunächst mit dem Photon D2 getestet. DLP-Technik könnte für strukturierte feine Oberflächen ein echter Mehrgewinn werden.

Ab heute ist der Photon D2 direkt bei Anycubic verfügbar. Sobald er bei deutschen Händlern und im Preisvergleich zu finden ist, reichen wir das an dieser Stelle nach. Der Preis zum Produkt-Launch beträgt noch satte 729 Euro. Das ist teuer, aber gerechtfertigt. Trotzdem, es bleibt die Hoffnung, dass der Preis mittelfristig sinkt.

Der Anycubic Photon D2 ist im Betrieb nahezu lautlos und verbreitet ohne die internen Lüfter auch fast keinen Harzgeruch. Außerdem verbraucht er gravierend weniger Strom und erzeugt keine Abwärme. Bisher schwierig druckbare Kleinteile an großen Objekten und filigrane Oberflächengestaltung profitieren aber am meisten von der präzisen DLP-Technik.

Der einzige Wermutstropfen ist der aktuell vergleichsweise hohe Anschaffungspreis. Hinsichtlich der gebotenen Hardware und den großartigen Druckergebnissen ist dieser zwar gerechtfertigt, aber trotzdem deutlich teurer als SLA-Drucker. Den ebenfalls ausgezeichneten Creality Halot One (Testbericht) gibt es etwa bereits für unter 200 Euro. Alternativen aus den Einzeltests zeigt unsere Top 10 der besten Resin-Drucker.

Allgemeine Ratgeber zum Thema, Tests zu Filament-Druckern oder Verbrauchsmaterial gibt es in unserer Themenwelt 3D-Drucker.

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