Während die Fichte viele Jahre der billige Holzlieferant aus dem Wald war, ist mit dem Klimawandel damit Schluss. Der "neue Wald" wird auch im Vogelsberg eher mediterran. Bislang eher unbekannte Baumarten wie Küstentanne oder Tulpenbaum halten Einzug. Doch die ungebetenen Eindring- linge sind ihnen schon auf "den Fersen".
Waldsterben war in den 1980er Jahren ein großes Thema. Nun stirbt der Wald wieder, die Totengräber heißen Trockenheit und Borkenkäfer. Der Wald muss umgebaut und krisenfest werden, lautet deshalb die Devise. Doch für die Forstleute stellt das eine echte Herausforderung dar, denn im Wald braucht alles seine Zeit. Bäume wachsen verhältnismäßig langsam und es dauert Jahrzehnte, bis aus einem Samen ein Baum wird, der zum Beispiel Möbelholz liefert.
Während ein Baum wächst, speichert er im Holz Kohlendioxid und hilft, die Folgen des Klimawandels abzumildern. Doch in den vergangenen beiden Jahren sind viele Bäume abgestorben, die nun ersetzt werden müssen. "Bereits seit 30 Jahren setzen wir einen naturnahen Waldbau um", heißt es beim Landesbetrieb Hessen-Forst, aber die Ereignisse der letzten zwei Jahre hätten gezeigt, "dass noch lange nicht alle Bestände fit für den Klimawandel sind. Wir müssen das Risiko der Anfälligkeit einzelner Baumarten streuen und noch mehr auf klimarobuste Mischwälder mit vielen Baumarten setzen." Deshalb pflanze HessenForst primär dort, wo standortgerechte und ökologisch verträgliche Misch-baumarten fehlen oder nicht genügend junge Bäume wachsen. Beim Saatgut und den daraus angezogenen Pflanzen lege man größen Wert "auf angepasste Herkünfte aus zertifizierter Pflanzenproduktion mit hoher Qualität".
Die Zahl der zu pflanzenden Bäume alleine im Forstamt Schotten ist riesig. Für 80 Hektar Freiflächen im Staatswald sind in diesem Frühjahr fast 250 000 Pflanzen vorgesehen. Dazu kommen weitere 105 000 Pflanzen für 65 Hektar im betreuten Kommunal- und Privatwald. Und im Jahr 2021 wird noch einmal ein ähnlicher Umfang erwartet.
"Eine Mammutaufgabe, die vor uns liegt, aber wir gehen sie an", so der stellvertretende Forstamtsleiter Uwe Prihoda. Das Ziel ist ein klimastabiler Mischbestand unter anderem aus Linde, Edelkastanie und Vogelkirsche. Hainbuche, Rotbuche und Lärchen seien zusätzlich aus Naturverjüngung zu erwarten.
Schnell geht beim Wald nichts
Prihoda macht keinen Hehl daraus, dass der langjährige "Brotbaum", die Fichte, an den allermeisten Standorten aufgegeben werden muss. Höchstens im Oberwald in der Vogelsberger Höhenlage hätten Fichten aufgrund der Wasservorräte noch eine Chance.
Das dürfte auch die vielen Privatwaldbesitzer vor Herausforderungen stellen, denn die Holzerlöse sind ebenso eingebrochen. Mal eben eine neue Eichenkultur aufforsten geht nicht so schnell und ist teuer: "Das kostet an die 20 000 Euro und da sind die Pflegekosten nicht eingerechnet."
Dennoch müssten sowohl der Landesforst als auch Privatwaldbesitzer an einer "vernünftigen Risikostreuung arbeiten." Der "neue Wald" sollte demnach mindestens vier Baumarbeiten enthalten. Das können neben den schon genannten Nadelbäume sein, die inzwischen schon etablierte Douglasie ("gut im Rennen"), Weißtannen mit ihren tiefen Wurzeln, Küstentannen und bei Laubbäumen Baumhasel oder Tulpenbaum, "eher in die mediterrane Richtung geht das", so Prihoda.
Derzeit probieren die Forstleute nach seiner Auskunft langsam aus, was möglich ist. "Schnell geht beim Wald nichts, da heißt es dann halt an die 20 Jahre und länger warten." Deswegen sei der Waldumbau ein langfristiges Projekt, bei dem es die Mischung machen soll. Über eines macht sich allerdings auch Uwe Prihoda keine falschen Hoffnungen: "Auch für die Baumarten, die dann einziehen, halten sich die Schädlinge schon bereit."
July 11, 2020 at 02:28AM
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Der neue Wald wird mediterran - Gießener Allgemeine
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