Die Stadt München wird das Konzert des wegen Antisemitismus-Vorwürfen in die Kritik geratenen Pink-Floyd-Mitbegründers Roger Waters am 21. Mai in der Olympiahalle nicht verbieten.
Es sei aus rechtlichen Gründen nicht möglich, den Vertrag mit dem Konzertveranstalter außerordentlich zu kündigen, heißt es in dem Beschluss, den der Stadtrat am Mittwoch gefasst hat.
Statt Konzertabsage: München will Zeichen gegen Antisemitismus setzen
Stattdessen werde die Stadt rund um das Konzert Zeichen für Völkerverständigung, internationale Solidarität und gegen Antisemitismus setzen, ebenso für das Existenzrecht Israels und die Souveränität der Ukraine.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will zudem mit der bayerischen Staatsregierung nach Möglichkeiten suchen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, damit Kommunen in ähnlich gelagerten Fällen Auftritte verbieten können.
Ich will ihn hier nicht haben und wir müssen es jetzt ertragen.
Dieter Reiter, Oberbürgermeister München
Es sei unsäglich und unerträglich, das Konzert eines Künstlers zu gestatten, bei dem mit relativer Sicherheit israelkritische Propaganda, zum Teil auch deutlich antisemitische Parolen gedroschen würden, sagte Reiter. „Ich will ihn hier nicht haben und wir müssen es jetzt ertragen.“
Ballons in Schweineform mit Davidstern auf Roger-Waters-Konzerten
Waters wird unter anderem kritisiert für seine Nähe zur BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen), die zum Boykott des Staates Israel und seiner Güter wegen der Palästina-Politik aufruft.
Bei Konzerten ließ er Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen.
Auch Äußerungen zum Krieg in der Ukraine sorgten für Aufsehen - etwa, dass Russlands Präsident Wladimir Putin damit den Faschismus in dem Land bekämpfen wolle und dass die USA ein Hauptaggressor sei.
Wer einen Davidstern auf ein Schwein malt und es erschießt, ist Antisemit.
Ron Prosor, Botschafter Israels in Deutschland
Kritisch äußerte sich auch der Botschafter Israels in Deutschland, Ron Prosor, der in einem Tweet auf eine Zeile aus dem berühmten Pink-Floyd-Song „Another Brick in the Wall“ anspielt.
„Roger Waters glaubt „We don't need no education,“ dabei hätte er Nachhilfe bitter nötig. Wer einen Davidstern auf ein Schwein malt & es erschießt, ist Antisemit“, schrieb er auf Twitter. „Die Veranstalter sollten die Konzerte dieses Menschenfeindes absagen.“
Proteste gegen Roger Waters in deutschen Städten
Waters will im Mai in Hamburg, Köln, Berlin, München und Frankfurt am Main auftreten. In allen fünf Städten gab es Proteste und Forderungen nach Verboten.
In Frankfurt wiesen der Magistrat der Stadt und Hessens Landesregierung die Messe als Vermieter der Halle an, den Vertrag außerordentlich zu kündigen, was aber zunächst nicht zur Absage des Konzerts führte.
Roger Waters wehrt sich gegen Anschuldigungen
Waters hatte daraufhin juristische Schritte gegen mögliche Verbote angekündigt und sich auf die Meinungsfreiheit berufen. „Deshalb ergreife ich diesen Schritt, um sicherzustellen, dass der Wille einiger weniger mich nicht daran hindert, in Frankfurt und München aufzutreten“, sagte der Musiker einer Mitteilung seines Managements zufolge.
Zudem sei er nicht antisemitisch, teilte er über sein Management mit.
„Meine allgemein bekannten Ansichten beziehen sich ausschließlich auf die Politik und die Handlungen der israelischen Regierung und nicht auf die Menschen in Israel“, sagte er demnach. „Antisemitismus ist abscheulich und rassistisch, und ich verurteile ihn ebenso vorbehaltlos, wie alle Formen von Rassismus“, so Roger Waters.
Im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ äußerte er sich zu dem Ballon in Form eines fliegenden Schweins. Der sei Teil jeder Show, bei der er den Song „In the Flesh“ spiele. Den Davidstern habe er nach Beschwerden wieder entfernt.
Er stehe aber zu seiner ursprünglichen Entscheidung, ihn zu verwenden. „Er war eines von vielen Symbolen, die für Dogmen stehen, die mir zuwider sind. Religiöse Dogmen wie der Judaismus, das Christentum und der Islam“, sagte Waters dem „Spiegel“.
Roger Waters Anwalt:„falsch verstandene Symbolpolitik“
Im Fall um ein Konzertverbot für Roger Waters betonen Juristen die hohe Stellung der Meinungsfreiheit.
Demnach werde eine Grenze erst dann überschritten, wenn Meinungsäußerungen die geistige Sphäre einer Diskussion verließen und erkennbar in Gefährdungslagen umschlügen.
Zu diesem Schluss kommt auch der Gießener Rechtswissenschaftler Maximilian Roth. „Das eine ist das Leben der Künstler, das andere ein Konzert, beides hat juristisch zunächst einmal nichts miteinander zu tun. Erst wenn die Äußerungen, Haltungen und Symbole Teil der Kunst werden, kann das ein Einschreiten der Behörden legitimieren“, sagte er unlängst der dpa.
Der Kölner Rechtsanwalt Ralf Höcker, der Waters in Deutschland vertritt, wirft den Städten kalkulierten Rechtsbruch vor. Nach aktueller Rechtslage sei es unrechtmäßig, die Verträge zu kündigen, sagte er.
„Hier wird falsch verstandene Symbolpolitik betrieben, die absolut nichts bringt im wichtigen Kampf gegen Antisemitismus, die aber Millionen an Steuergeldern kostet.“ Die Kommunen machten sich schadenersatzpflichtig. Die Ticketverkäufe seien massiv eingebrochen. (dpa, Tsp.)
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