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Radargerät vorgestellt: Wie neueste Technik und ein Hund Vogelschläge am BER verhindern sollen - rbb24

Radargerät vorgestellt - Wie neueste Technik und ein Hund Vogelschläge am BER verhindern sollen

Mi 14.12.22 | 18:01 Uhr

Das Team der "Bird & Wildlife Control" verscheucht am Flughafen BER Vögel, damit diese nicht mit Flugzeugen kollidieren. Am Mittwoch wurde ein neues Hightech-Gerät aus den Niederlanden präsentiert, das der Gruppe die Arbeit erleichtern soll. Von Simon Wenzel

Es ist ein Motiv, das für Lacher sorgt: Ein Hund, bekleidet mit einer grellgelben Warnweste, sitzt auf der Rückbank eines Autos und schaut aus dem heruntergelassenen Fenster. Direkt unter dem Fenster steht am silbernen Pickup "Wildlife Control". Eine Hündin mit einem Job, das sieht einfach immer süß aus. Und Lea ist am Flughafen Berlin Brandenburg unentbehrlich: Sie verscheucht Wildtiere, vor allem Vögel. Natürlich war sie bisher das Poster-Girl ihrer Abteilung.

Ein Radargerät namens "Max" soll Vogelschäden verhindern

Heute ist Lea ausnahmsweise aber mal nicht die Vorzeigemitarbeiterin der Bird & Wildlife Control. Der neue Kollege zieht alle Blicke auf sich. Er steht ein paar Meter über ihr auf einem kleinen Häuschen, ist weiß, etwa anderthalb Meter hoch und über einen Meter breit und heißt "Max". Max sieht ein bisschen aus wie ein großer Bluetooth-Lautsprecher und dreht sich die ganze Zeit im Kreis. Es ist das neue Radargerät des BER, angeschafft, um die Vogelbewegungen auf dem Gelände genau zu kontrollieren.

Vogelschlag heißt es wenn ein Vogel mit einem Flugzeug zusammmenprallt. Ein Jet startet oder landet und ein Vogelschwarm fliegt ihm in den Weg, knallt gegen die Cockpitscheibe oder in den Turbinen. Eine Horrorvorstellung - vor allem für Passagiere, die aber in der Regel mit dem Schrecken davon kommen. In Zukunft soll es trotzdem seltener passieren, dafür wurde das moderne Radargeräte angeschafft, welches der BER am Mittwoch präsentierte.

Vogelradar 1-4 (Quelle: rbb/Juliane Gunser)
"Ja Lea, du bleibst trotzdem wichtig." Richard Klauß und Hündin Lea am Auto der Wildlife Control.Bild: rbb/Juliane Gunser

3D-Radar bald "neuester Sicherheitsstandard"?

Der Radarschirm ersetzt ein älteres Modell des gleichen Herstellers, das bereits seit 2016 in Schönefeld im Einsatz war. Die alte Technologie wurde allerdings nur an der Südbahn genutzt. Das neue Radar hingegen überwacht den gesamten Flughafen und soll im Umkreis von 10 Kilometern jegliche Vogelbewegungen erfassen. Die niederländische Firma "Robin Radar Systems" hat es extra für dieses Einsatzgebiet entwickelt, sagt der CEO Siete Hamminga, der zur Präsentation von Max nach Brandenburg gereist ist.

Es sei das erste 3D-Radar an einem deutschen Flughafen, sagt er und dass er glaube, diese Technologie werde schon bald "der neue Sicherheitsstandard" sein. Das Radargerät ist durch die schnelle Rotation in der Lage, sekündlich Updates zu erstellen und damit quasi live anzuzeigen, ob und wohin sich Vögel im Bereich des Flughafens bewegen. Die Daten können in 2- oder 3D auf einer digitalen Weltkarte als Flugbahnen angezeigt werden und - noch wichtiger - sie sind auf einem mobilen Gerät für die Einsatzteams am BER immer einsehbar.

"Kleine Piepmätze lassen wir sitzen, größere sollen sich nicht zu wohlfühlen"

Wie das dann in der Praxis aussieht, demonstriert Richard Klauß, ein Kollege von Lea und Max bei der Wildlife Control. Er fährt mit dem silbernen Pickup über das Gelände. Auf einem großen Tablet am Armaturenbrett läuft die Software des Radars und zeigt in Echtzeit viele Punkte in verschiedenen Farben an. Die Vögel werden nach Größe und Art unterschieden, nicht jeder Vogel ist schließlich gleich gefährlich. "Kleine Piepmätze lassen wir sitzen, aber Greifvögel oder Graureiher sollen sich auf dem Flughafen nicht allzu wohlfühlen", sagt Krauß.

"Wir sehen auf dem Radar beispielsweise schon, wo es Vogelschwärme gibt und können dann gezielt dort hinfahren", erklärt er. Denn die müssen "vergrämt" werden, wie Krauß das nennt. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Die einfachste: Insgesamt elf sogenannter Knallschreckanlagen sind über das Gelände verteilt. Diese kann er jetzt sogar ganz einfach über das Tablet und die Software des neuen Radars ansteuern, dann geben sie mehrere Knallgeräusche ab, die die Vögel verscheuchen sollen. Gelingt das nicht, oder ist keines dieser Geräte nah genug dran, haben die Mitarbeitenden auch noch Pistolen mit Knallmunition dabei. Option drei sitzt auf der Rückbank des Pickups, hat Schlappohren und trägt eine gelbe Warnweste: Hündin Lea.

Kostenfrage für BER-Organisationschef "nicht relevant"

Wie viel der Flughafen sich die neue Radartechnik kosten lässt, bleibt geheim. Thomas Hoff Andersson, der Geschäftsführer Operations des BER, sagt auf rbb-Nachfrage bei der Vorstellung des Geräts, der Preis sei "nicht relevant". Man wolle die Summe nicht kommunizieren, wie bei anderen Verträgen auch nicht. Der BER zahlt aber wohl nicht nur einmalig für das Radargerät, sondern vielmehr in einer Art Abo für die Daten, die es liefert. Das sagt zumindest Robin-Radar-CEO Hamminga. Wie hoch der Preis ist, will auch er nicht verraten. Für BER-COO Hoff Andersson ist ohnehin viel wichtiger, was das Gerät tut: "und das ist, den Flughafen sicherer zu machen", wie er sagt.

Deutschlandweit gab es im Jahr 2021 insgesamt 1.644 Fälle von Vogelschlag - also Kollisionen von Vögeln mit Flugzeugen. Diese Vorfälle sind meldepflichtig und beim Luftfahrtbundesamt dokumentiert. Am BER waren es in diesem Jahr bisher 110 Fälle, sagt Richard Klauß von der Bird & Wildlife Control. Die meisten seien aber "leichte Treffer" gewesen. Lediglich sechs Vogelschläge hätten zu einem technischen Schaden geführt.

Echte Horrorvorfälle als Folge dieser Schäden sind allerdings extrem selten. Immer wieder - auch bei der Präsentation des Radargerätes am BER - wird die Geschichte der US-Airways-Maschine erzählt, die 2009 im Hudson River, direkt vor Manhattan, notlanden musste, nachdem sie mit Gänsen kollidiert war. Das ist allerdings ein Einzelfall. Beim Bau von großen Passagierflugzeugen werden Sicherheitstests für diese Fälle durchgeführt und noch dazu sind es in Deutschland bei einem Drittel der Vogelschläge kleinere Vögel wie Schwalben, die mit den Flugzeugen kollidieren.

Vogelradar 1-4 (Quelle: rbb)
So sehen die Live-Daten des Radars auf dem Tablet im Einsatz aus. Auch eine 3-D-Darstellung ist möglich. | Bild: rbb

Geschätzter Schaden in Millionenhöhe durch Vogelschläge

Bei der Vermeidung von Vogelschlag geht es deshalb neben der Sicherheit vor allem um eines: Reparaturkosten vermeiden. Denn die können hoch sein. Wie hoch genau, lässt sich nicht verlässlich sagen. Eine Studie von mehreren Branchenexperten mit dem Titel "The Bird Strike Challenge" [externer Link: mdpi.com] kam vor zwei Jahren auf die geschätzte Summe von etwa 192.000 US-Dollar pro Vogelschlag mit technischem Schaden. Nimmt man diese Schätzung als Basis, käme man nur am BER zu einem verursachten Schaden von etwa 1,15 Millionen US-Dollar alleine in diesem Jahr - keine valide Zahl wohlgemerkt, aber sie gibt eine Vorstellung.

Aus geschehenen Vorfällen wollen sie am Flughafen Berlin-Brandenburg mit dem neuen Radargerät lernen. Denn die Daten lassen auch eine Analyse von Zusammenstößen zu und eine rückblickende Analyse der Flugrouten von Vögeln. So kann die Wildlife Control in Zukunft besser vorhersehen, wie sich die unerwünschten Fluggäste verhalten. Und Lea, das versichern alle, wird trotzdem ihren Job behalten. Vielleicht wird der durch das neue Radargerät sogar etwas leichter.

Sendung: Brandenburg aktuell, 14.12.2022, 19.30 Uhr

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