Es ist ein Jubel mit besonderer Genugtuung gewesen, als Neymar und Leandro Paredes sich nach dem Schlusspfiff im Prinzenpark direkt vor den Augen von Joshua Kimmich an die Brust sprangen und sich in unmittelbarer Nähe zum deutschen Fußball-Nationalspieler freuten. „Das Schicksal wollte, dass auch Kimmich da war“, sagte der brasilianische Superstar Neymar von Paris Saint-Germain dem Fernsehsender „TNT Sports Brasil“, der die Szene in Brasilien hervorhob, am Dienstagabend (Ortszeit).
Es war eine (letzte) kleine Provokation, die sich Neymar leistete. 0:1 war PSG gegen den FC Bayern zwar unterlegen, aber das reichte zum Einzug ins Halbfinale der Champions League. „Wir waren die bessere Mannschaft im Hinspiel, aber haben verloren“, hatte Bayerns Mittelfeldspieler Kimmich vor der Partie gesagt – und Neymar damit offensichtlich herausgefordert. Jedenfalls jubelte er erst intensiv und verließ dann mit einem Lachen den Platz.
Die gute Laune setzte sich bei den Interviews fort. „Man kann so viel Ballbesitz haben, wie man will, so wie man eine Frau einen ganzen Abend bezirzen kann, und dann kommt einer und nimmt sie einem in fünf Minuten weg“, sagte Neymar im brasilianischen TV-Interview und lachte herzhaft. Der 29-Jährige spielte damit auf die Übermacht der Bayern an, die sich vor allem auch beim 3:2-Hinspielsieg von PSG in München nicht in Toren gespiegelt hatte.
„Hoffentlich holen wir den Pokal“
In der vergangenen Saison sei Bayern für ihn das beste Team des Turniers gewesen, dieses Jahr habe er das jedoch nicht so gesehen. „Das ging so weit, dass ich gesagt habe: 'Wenn wir auf Bayern treffen, scheidet Bayern aus'“, sagte Neymar in der Pose des Siegers. „Wir haben uns darauf vorbereitet, Bayern zu überwinden; wir haben das gebraucht, um uns selbst zu beweisen, dass wir das können.“ Neymar stand im Fokus. Sportlich glänzte er mit Tricks und fußballerischer Klasse. Nicht zuletzt deswegen war er der Spieler, der am häufigsten gefoult wurde auf dem Platz. Dass er viel lamentierte beim Schiedsrichter, ist Standard.
Am Dienstagabend war im Prinzenpark nach dem Einzug ins Halbfinale ein glücklicher und auch unheimlich erleichterter Neymar zu erleben. „Jetzt hoffen wir, dass wir den Pokal holen“, sagte der teuerste Spieler der Welt, für den PSG vor vier Jahren 222 Millionen Euro an den FC Barcelona zahlte. Im Barca-Trikot triumphierte er 2015 an der Seite von Lionel Messi zum bislang einzigen Mal in der Königsklasse.
Das lange Leiden nach dem 3:2-Hinspielsieg in München hätte Neymar sich beim knappen Weiterkommen selbst ersparen können. Er spielte groß auf, aber er krönte seine Leistung nicht mit Toren. Allein vor der Pause hätte es einen vierfachen Neymar-Torjubel geben können. Gleich dreimal krachte der Ball an Latte und Pfosten, zudem stand ihm – wie im Finale – der stark haltende Welttorhüter Manuel Neuer im Weg. Im Sky-Interview schwärmte Neymar von einer „tollen Partie“ für alle Fußballfans: „Wir haben uns gegen ein starkes Team durchgesetzt.“
Im Champions-League- Endspiel von Lissabon vor acht Monaten war PSG gegen Bayern ebenfalls mit 0:1 unterlegen. Neymar weinte damals bittere Tränen, und David Alaba, mit dem er sich diesmal umarmte, tröstete ihn. Nun gab es keine Tränen, aber ein wenig Trost für Alaba, der seine letzte Champions-League-Partie für die Münchner bestritt. Wohin es ihn zieht, ist weiter unklar.
Ob Neymar bei PSG bleibe oder nicht, sei, so der Brasilianer, „nicht einmal mehr ein Thema. Es ist offensichtlich, dass ich mich sehr wohl fühle, zu Hause fühle hier bei Paris Saint-Germain“, sagte Neymar, der in Gesprächen über eine Vertragsverlängerung steht, aber auch immer wieder mit anderen Vereinen, etwa dem FC Barcelona, in Verbindung gebracht wird. „Ich fühle mich glücklicher, als ich davor war.“
Lob gab es auch in den Medien für Neymars Leistung. Die Sportzeitung AS aus Spanien schrieb: „Neymar machte eines der besten Spiele seiner Karriere. Es wurde ein Duell, das in die Fußballgeschichte eingehen wird. Es wurde eine Neymar-Show. Es ist sicherlich keine Schande, wenn man so ausscheidet, Bayern wird ohne Zweifel nächste Saison zurückkommen.“ Und „Le Figaro“ nannte Neymar den „Architekten des Erfolgs“.
Nach dem Einzug ins Halbfinale betonte Trainer Mauricio Pochettino die Bedeutung der Königsklasse für Paris. „Dieser Klub träumt davon, die Champions League zu gewinnen, diesen Pokal zu gewinnen. Das Gefühl in diesem Wettbewerb ist anders, als wenn du in einem anderen Wettkampf antrittst“, sagte der Argentinier dem TV-Sender CBS. Pochettino lobte den FC Bayern als „das beste Team der Welt momentan. Ein fantastisches Spiel.“
Der Nachfolger von Thomas Tuchel, der mit seinem neuen Klub FC Chelsea ebenfalls den Einzug ins Halbfinale geschafft hat, lobte auch die Entwicklung seiner eigenen Mannschaft. „Nach drei Monaten sieht man mehr und mehr, dass das Team das macht, was wir wollen“, sagte Pochettino. Das gefiel auch Neymar, der nun auf einen abermaligen Einzug ins Finale mit einem besseren Ende dort hoffe. Die Münchner und Joshua Kimmich jedenfalls werden ihm in dieser Saison dabei nicht mehr in die Quere kommen.
Artikel von & Weiterlesen ( Neymar und eine kleine Provokation für Kimmich - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung )https://ift.tt/2QkPZ4l
Sport
Bagikan Berita Ini