
Wenn es Wasser auf dem Jupiter-Mond Ganymed gibt, könnte es dann auch Leben geben? Hat es vielleicht schon einmal Leben dort gegeben? Nach gut zehnjähriger Vorbereitungszeit hat sich die europäische Esa-Sonde Juice am Freitag auf die Reise gemacht, um diese Fragen zu beantworten. Mit der vorletzten Ariane-5-Rakete startete Juice - kurz für Jupiter Icy Moons Explorer - in den Weltraum.
Acht Jahre ist sie unterwegs, bis sie die "Eismonde" Kallisto, Europa und Ganymed erreicht. Kommt sie dort an, dann haben ein Ehepaar aus Hohenlohe und Dutzende Raumfahrt-Ingenieure der Arianegroup aus Lampoldshausen entscheidenden Anteil daran.
Begeisterung für die Raumfahrt

Es war die Arbeit und ihre Begeisterung für die Raumfahrt, die Alexandra Lein und Christian Langer vor 15 Jahren zusammenbrachten. Er hatte als Maschinenbau-Diplomand Station in Lampoldshausen gemacht, sie war als Wirtschaftsingenieurin zur Arianegroup gekommen. Sie fanden zusammen, wohnen inzwischen in Zweiflingen. Zusammen mit ihren 14 und 5 Jahre alten Kindern verbringen sie nun erstmals einen Familienurlaub dort, wo die Frucht ihrer Arbeit in den Himmel geschossen wird, am europäischen Weltraumbahnhof in Kourou.
"Wir fanden, die Kinder sollten mal miterleben, warum der Papa so oft weg ist", sagt Christian Langer, und Alexandra Lein ergänzt: "Und warum die Mama manchmal auch noch abends um acht noch mit den Kollegen telefonieren muss."
Fünf Jahre dauerte das Projekt
Die 42-Jährige ist als Projektleiterin mit insgesamt 80 Kollegen am Standort Lampoldshausen verantwortlich für die Antriebe der Jupiter-Sonde. Vor acht Jahren beauftragte Airbus die Arianegroup, Triebwerke in zwei Größen für die Mission zu entwickeln - oder weiterzuentwickeln: ein verhältnismäßig starkes 400-Newton-Haupttriebwerk und mehrere kleine 10-Newton-Triebwerke zur Lageregelung. Daneben wurden 22-Newton-Antriebe aus den USA zugeliefert. "Ein bis zwei Jahre haben wir mit dem Design und der Auslegung der Antriebe zugebracht, dann ging es nach und nach an den Bau", erzählt Lein. Seit fünf Jahren, seit sie aus der Elternzeit zurück ist, hat sie die Verantwortung für das Projekt.
Triebwerke wurde in Lampoldshausen getestet
Bevor die Triebwerke verbaut werden konnten, wurden sie auf dem Prüfstand P1 des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Lampoldshausen getestet. Sie müssen einiges aushalten: starke Hitze, große Kälte, mehrfache Zündungen. Mindestens zwölf Jahre sollen sie am Leben bleiben - acht Jahre für den Flug, weitere vier Jahre für die Manöver zur Datensammlung an den Jupitermonden.
"Das 400-Newton-Triebwerk ist natürlich von zentraler Bedeutung", betont die Ingenieurin. Es beschleunigt den rund sechs Tonnen schweren Instrumentenkasten, der in vier "Swing-by-Manövern" auch die Schwerkraft von Erde und Venus nutzt. Dann rast die Sonde Richtung Jupiter, wo sie - nur zwei Jahre später, 2031 ankommen soll.
Um all die Instrumente mit Strom zu versorgen, wird im Weltraum ein riesiges, rund 100 Quadratmeter großes Solarpanel ausgeklappt. Das Kontrollzentrum der Esa in Darmstadt soll jederzeit Einfluss nehmen können auf die Instrumente und auch auf die Flugbahn - auch diese Kommunikation kostet Energie. "Und dann brauchen wir sie auch, um die Tanks zu beheizen", sagt Christian Langer. Wie immer in der Raumfahrt kommt der Ausfallsicherheit eine besondere Bedeutung zu. Fällt beispielsweise das Haupttriebwerk aus, können die kleineren Triebwerke gemeinsam die Aufgabe übernehmen. "Das dauert dann länger, dadurch verkürzt sich auch die Zeit an den Jupiter-Monden", sagt Lein. "Aber es sollte funktionieren."
Hochtoxische Chemikalien im Einsatz
Die Antriebe nutzen als Treibstoff zwei hochgiftige Flüssigkeiten: MMH und MON. Die Abkürzungen stehen für Monomethylhydrazin und Distickstofftetroxid. Hier kommt Christian Langer ins Spiel. Er ist für die Betankung des Satelliten verantwortlich, war im Vorfeld schon mehrfach in Toulouse, wo die Sonde vorbereitet wurde. Und Ende März flog er dann nach Kourou zur endgültigen Betankung. "Auf den Fässern sind so ziemlich alle Warn-Piktogramme, außer vielleicht das für Radioaktivität", sagt der 45-Jährige. "Das ist Flüssigsprengstoff, der sich selbst bei Kontakt entzündet. Der verzeiht keine Fehler." Entsprechend groß sei die Anspannung, wenn damit hantiert wird. Auf die Kollegen müsse man sich blind verlassen können.
Raumfahrt ist Teamarbeit
Raumfahrt sei immer Teamarbeit, betont das Paar. Das habe sich auch während der Corona-Zeit gezeigt, als man trotz der Einschränkungen keine weitere Verzögerung verursacht habe. Zwar sollte Juice ursprünglich schon 2022 auf seine 600 Millionen Kilometer lange Reise geschickt werden. Nun sei es ein Jahr später. "Aber so eine geringe Verzögerung ist in der Raumfahrt ein Erfolg", sagt Alexandra Lein.
Nur leichte Verzögerungen
Einen weiteren Tag Verzögerung gab es am Donnerstag. Die Gefahr eines Blitzschlags ließ keinen Start zu. Am Freitag ist nun vorerst alles gut gegangen. "Leider gibt es keinen freien Himmel, es ist Regenzeit", sagt Langer kurz vor dem Start im Gespräch mit unserer Redaktion.
Für ihn war es der dritte Raketenstart in Kourou, der Rest der Familie ist zum ersten Mal dabei. In sicherer Entfernung von zwölf Kilometern wollten sie den Start am Strand beobachten. "Näher dürfen wir auch wegen unserer Kleinen nicht ran", sagt Alexandra Lein. "Es ist jedenfalls beeindruckend, wenn man das gleißende Licht sieht, später den Überschall-Knall hört", erzählt Langer von seinen letzten Besuchen, und man spürt die Begeisterung, die offensichtlich nicht nachgelassen hat.
Jetzt denken die zwei aber auch an ihre Teams, die den Start in Lampoldshausen am Bildschirm verfolgen. Und alle zusammen würden dann die Daumen drücken, dass die Mission neue Erkenntnisse bringt. Alexandra Lein sagt: "Wir sind doch immer auf der Suche nach Leben da draußen."
Artikel von & Weiterlesen ( Raumsonde Juice ist zum Jupiter gestartet - mit Technik aus Lampoldshausen - Heilbronner Stimme )https://news.google.com/rss/articles/CBMiemh0dHBzOi8vd3d3LnN0aW1tZS5kZS9yZWdpb25hbC9yZWdpb24vcmF1bXNvbmRlLWp1aWNlLWlzdC16dW0tanVwaXRlci1nZXN0YXJ0ZXQtbWl0LXRlY2huaWstYXVzLWxhbXBvbGRzaGF1c2VuLWFydC00NzY2NTUx0gEA?oc=5
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