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Darum muss man diesen Borowski-Tatort sehen - WAZ News

Kiel.  Sonst ist er cool und smart, diesmal erschüttert und verzweifelt: Kiels „Tatort“-Ermittler Borowski wird von einer alten Schuld heimgesucht.

Jimi Hendrix, „Purple Haze“. Hippie-Zauber am Strand in grobkörnigen Wackelbildern, das „Love and Peace“-Festival auf Fehmarn 1970, ein wärmender „Tatort“-Beginn, der an vermeintlich unschuldige Tage erinnert. Doch der Rückblick ist, natürlich, verknüpft mit einem Mord.

Ein Mädchen liegt im finsteren Wald, die Überreste der Leiche wird man allerdings erst 50 Jahre später finden. Und weil es die Jugendliebe des Kieler Kommissars Borowski war, erleben wir diesmal für 90 packende Minuten eine gar nicht so spitzfindig-unterkühlte Spürnase, sondern einen erschütterten Mann, den eine alte Schuld auffrisst, die er längst im Unterbewusstsein begraben hatte: „Borowski und der Schatten des Mondes“ (ARD, Sonntag 20.15 Uhr) wird damit zu allererst ein Glanzstück des wunderbaren Schauspielers Axel Milberg.

Axel Milberg liefert ein Glanzstück

Der ganz junge Borowski (Milbergs Sohn August) war es nämlich, der seine Freundin Susanne (Mina Rueffer) damals nach einem Streit alleine zum Festival trampen ließ, von dem sie nie zurückkehrte. Nun legt der Sturm im Wald die Knochen frei, als sich herausstellt, um wen es sich handelt, drängt sich Borowski in die Ermittlungen, obwohl sein Chef (Thomas Kügel) doch eigentlich die Cold Cases-Kavallerie damit beauftragen wollte.

Das Drehbuch von Patrick Brunken und Torsten Wenzel verwandelt den stets klug abwägenden Polizei-Profi in einen Irrläufer, der zum ersten Mal von seinen Gefühlen übermannt wird, den Schmerz und Verbitterung in einen verbissenen Rechthaber verwandeln. Milberg, der seinen Borowski zum profiliertesten „Tatort“-Ermittler gemacht hat, fügt ihm hier neue Nuancen hinzu und erzeugt in diesem Bewältigungsdrama eine Unberechenbarkeit, die fesselt.

In der Nähe, als die Leiche gefunden wurde

Beinahe ebenbürtig erscheint hier Stefan Kurt als zutiefst bürgerlich daherkommender Chorleiter Michael Mertins, der mit seinem Dackel scheinbar zufällig in der Nähe war, als die Leiche gefunden wurden. Man glaubt zwar schnell, dass dahinter wohl irgendwelche Abgründe lauern. Aber Kurt lässt uns mit seinem feinen Auftritt keine Chance, hinter die vermeintliche Fassade zu blicken und vermeidet jegliche Klischees. Die bröckelnde Harmonie zwischen Mertins und seiner Frau (ebenfalls stark: Lena Stolze) im gar nicht so trauten Heim vollzieht sich als langsamer Prozess und lädt den Fall zusätzlich auf.

Der Wald wird zum Angstmacher

Regisseur Nicolai Rohde montiert die Rückblenden geschickt ins Geschehen, mit denen der damalige Ablauf Stück für Stück rekonstruiert wird, lässt die Gespenster der Erinnerung in starken Bildern an Borowski vorbeiziehen. Rohdes fabelhaftem Kameramann Philipp Kirsamer gelingt es zudem, den urdeutschen Wald mit der symbolträchtigen Wucht aufzuladen, die ihn in all seiner Finsternis und Undurchdringlichkeit zum klassischen Angstmacher stilisiert. Dazu vibrieren die Violinen, und Jonas Kobilke beweist damit, dass klug eingesetzte Musik eben so viel mehr sein kann als pflichtgemäße Untermalung. Wer nicht gut schläft, der schläft nach diesem „Tatort“ nicht zwangsläufig besser.

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