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„Das ist Cancel Culture“: Dennis Aogo mit Verständnis für Jens Lehmann und Boris Palmer - fr.de

  • vonMirko Schmid

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Der ehemalige Fußballprofi Dennis Aogo stellt sich nach als rassistisch wahrgenommenen Äußerungen vor Jens Lehmann und Boris Palmer.

Hamburg - Um Dennis Aogo gab es zuletzt einigen Wirbel. Zunächst stand der ehemalige Fußballer in Diensten des DFB-Teams als Ziel einer rassistischen Äußerung von Ex-Kollege Jens Lehmann im medialen Fokus. Wenig später handelte sich der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer ein Parteiordnungsverfahren ein, weil er eine haltlose Behauptung eines offensichtlich gefälschten Facebook-Accounts inklusive der damit einhergehenden rassistischen Wortwahl weiterverbreitet und Aogo einen Rassisten genannt hatte.

Und auch Aogo selbst griff verbal daneben und sprach als Sky-Experte davon, dass die Spieler des neuen englischen Herrenfußball-Meisters und Champions League-Finalisten Manchester City „bis zum Vergasen“ trainieren würden. Noch bevor ihn Sky für diese geschichtsvergessene Aussage vor die Tür setzen konnte, gab Aogo von sich aus bekannt, seinen Experten-Job „ruhen“ zu lassen. Nun hat sich der gebürtige Karlsruher im Interview mit dem „Spiegel“ vor Lehmann und Palmer gestellt und eine angebliche „Cancel Culture“ beklagt.

Dennis Aogo beklagt „Cancel Culture“ und kritisiert Hertha BSC für Lehmann-Rauswurf

Er habe Jens Lehmann trotz dessen SMS niemals unterstellt, ein Rassist zu sein. Mit einer rassistischen Weltanschauung hätte es Lehmann im Fußball auch nicht leicht, befindet Aogo, schließlich spielten dort „Menschen unterschiedlicher Herkunft oder Hautfarbe“ gemeinsam um den sportlichen Erfolg. Und obwohl ihn Lehmanns SMS „sehr berührt“ habe, und er die Unterstellung, seinen Sky-Job „nur, weil ich eine bestimmte Hautfarbe habe, und nicht, weil ich es kann“, als „im hohen Maße respektlos“ bezeichnet, nimmt er den ehemaligen DFB-Keeper in Schutz.

Dennis Aogo: Bis vor kurzem war er Experte des TV-Senders Sky.

© Joachim Sielski/Imago Images

Die schnelle Reaktion des Bundesligavereins Hertha BSC, der Jens Lehmann als Aufsichtsrat infolge der SMS-Affäre entlassen hatte, bezeichnet Dennis Aogo als „Überreaktion“. Er wünsche sich, dass „man in solchen Fällen in den Dialog geht und sich austauscht“. Jedoch „von vornherein zu sagen, man wolle mit dem nichts mehr zu tun haben“ findet der Ex-Fußballer und Ex-Experte „nicht in Ordnung“. In einer Diktion, die auch gerne in rechten Kreisen genutzt wird, befindet Aogo: „Wie sagt man heute? Das ist Cancel Culture.“

Dennis Aogo nennt „bis zum Vergasen“-Spruch einen „Fehler“

Statt der so behaupteten „Cancel Culture“ wünscht sich Dennis Aogo „Zeit und Raum“, um „überhaupt richtig an der Diskussion teilzunehmen – ohne diese krassen Emotionen“. Der Wahl-Düsseldorfer spricht anschließend davon, dass er zuletzt „nicht in der Lage“ gewesen sei, sich „klar zu äußern“. Er sieht die Gesellschaft „an einem Punkt, an dem jeder direkt von allen Ämtern und Positionen enthoben wird und sich alle von einem distanzieren“. Dies führe dazu, dass zukünftig „niemand mehr“ dazu bereit sein werde, „öffentlich für etwas einzustehen“. Sein Fazit: „Das kann nicht der richtige Weg sein.“

Dass viele öffentliche People of Color den Schritt von Hertha BSC als vollkommen richtig und konsequent bezeichnet hatten, da Jens Lehmanns Wortwahl Schwarze als solche und deren Leistungen herabwürdigte, erwähnt Aogo nicht. Sein eigener „bis zum Vergasen“-Spruch hingegen sei ein „großer Fehler“ gewesen, für den er sich nicht oft genug entschuldigen könne. Dem ehemaligen Profi-Fußballanayltiker sei nicht bewusst gewesen, was er sagte, als er es sagte. Schließlich sei dieser Ausdruck in seiner Jugend „Teil des Sprachgebrauchs, eine verbreitete Redewendung“ gewesen. Volljährig wurde Aogo 2005.

„Rumreisen wie ein Zigeuner“ will Dennis Aogo nicht rassistisch gemeint haben

Auch seinen in einem Video aufgetauchten Satz, er wolle nicht „rumreisen wie die Zigeuner“ will Dennis Aogo nicht so gemeint haben. Er sei weit davon weg, das rassistisch gemeint zu haben. Stattdessen fragt Aogo, wo vor fünf Jahren, als das Video entstanden sei, „die Stimmen damals“ gewesen seien. Er vermutet, dass „man bei fast jedem, der so lange in der Öffentlichkeit steht wie ich, irgendein Wort finden wird, das vielleicht nicht korrekt war“.

Name Dennis Aogo
Position Ex-Profifußballer, Ex-TV-Experte
Alter 34 Jahre (14. Januar 1987)
Gebursort Karlsruhe
Ehepartnerin Ina Aogo (seit 2016)

Anzeige erstattet habe er gegen den unbewiesenen Vorwurf einer rassistisch anmutenden sexuellen Anbiederung, den ein inzwischen nicht mehr auffindbarer Facebook-Account mit einem aus dem Internet entliehenen „Profilbild“ aufgestellt hatte: „Wo kommen wir denn da hin, wenn man einfach irgendwas ins Internet schreiben kann, das dann tausendfach geteilt wird?“

Dennis Aogo nimmt Boris Palmer dessen „Ironie“-Erklärung ab: „Thema ist durch“

Verständnisvolle Worte hingegen findet er für den Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der einer jener gewesen war, welche die Anschuldigung und die rassistische Wortwahl des offensichtlichen Fake-Profils weiterverbreitet hatten. Inhaltlich habe Aogo nichts gegen Palmers „Aktion“, da dieser „sich ja auch gegen die Cancel Culture“ richte.

Lediglich die „sprachliche Ebene“ halte er für „problematisch“. Er habe Palmers Post und die „späte Erklärung inhaltlich verstanden“. Wenn er Palmers Kommentar „im Kontext betrachte“, könne er „die Ironie aber natürlich“ erkennen. Damit sei das Thema durch für ihn. (Mirko Schmid)

Rubriklistenbild: © Joachim Sielski via www.imago-images.de

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