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Nur Fliegen ist schöner: Erlebnisse mit Lufthansa - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Ein perfekter Flug. Der Sitz surrt auf Knopfdruck in eine Ruheposition, später legt er sich flach. Zum Schlafen wird ein kleiner Topper untergeschoben, die Polster stützen Rücken und Becken. Auf dem Videobildschirm läuft während des Starts die Frontkamera und zeigt aus Pilotensicht, wie der Jumbo abhebt. Später flimmert „Top Gun“ über den Schirm, mit der Fernbedienung sind Ton und Film einzustellen, dazu laufen am Rand die Fluginformationen. Die Klimaanlage säuselt, über das WLAN werden ein paar eilige E-Mails erledigt. Ein rundum gelungener Businesstrip, und am Ziel nach zehn Stunden lacht die Sonne. Danke, Lufthansa.

Das glauben Sie, werte Leser und Leserinnen, jetzt nicht, weil Sie als Kenner und Kennerin des Schlusslichts um die Ironie in dieser Sparte wissen? Und weil Sie selbst Passagier und Passagierin der Lufthansa sind? Ertappt, es war ein klein bisschen anders, aber nur ein klein bisschen. Der Sitz surrt nicht, die Tasten stellen sich tot. Dafür wackelt er in seiner Aufhängung. Mit etwas roher Gewalt der im Alltagseinsatz gestählten Stewardess legt er sich flach. Da will das Polster nicht nachstehen, auch platt. Die Stewardessen haben dafür extra zusätzliche Auflagen dabei, man weiß ja nie, besser gesagt, man weiß ja immer. Die Frontkamera funktioniert zum Start, zur Landung nicht mehr. Die Fernbedienung fürs Infotainment ist außer Funktion, als die Fluginformation erscheint: Verbleibende Strecke 11.000 Kilometer, verbleibende Flugzeit zehn Minuten. Die Neuerfindung des Hyperschalljets.

Der Sitznachbar grummelt vor sich hin, hoffentlich seien die Vitalfunktionen der Maschine in erquicklicherem Zustand. Er ist einer dieser Hons, mithin ständig im Flugzeug, zuletzt hat er viermal den Sitz gewechselt, bis einer fast alle Funktionen erfüllte. Die Klimaanlage pustet ins Gesicht, für die WLAN-Verbindung muss der Gast zusätzlich bezahlen. Die allen Stress weglächelnde Stewardess meint, er solle sich bitte offiziell beschweren, vielleicht geschehe dann endlich was, das Erlebte sei keine Ausnahme, sondern die Regel. Unter Corona gerissene Lieferketten könnten wohl keine Entschuldigung mehr sein. Im Übrigen haben die Damen und Herren Flugbegleiter Sorge vor dem Ansturm im Sommer, schon streiche die Lufthansa Schulungen, weil Mann und Maus an Deck gebraucht würden. Als Freund der Marktwirtschaft können wir nur sagen: alles richtig gemacht, in der Economy zahlen die Gäste 2100, in der Business 5000, in der First 11.000 Euro. Die Maschine ist vollständig ausgebucht. Und am Ziel nach zehn Stunden lacht die Sonne. Echt jetzt.

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