
Szene aus der Verfilmung von »Stolz und Vorurteil« von Joe Wright aus dem Jahr 2005: Talulah Riley (2. v.l.) ist in der Rolle der Mary Bennett – die mittlere der Bennett-Schwestern sollte in Hilary Mantels Überarbeitung der Geschichte im Mittelpunkt stehen.
Foto: United Archives / kpa Publicity / picture allianceWas kommt nach ihrer gefeierten Thomas-Cromwell-Trilogie? Das fragten sich Fans der britischen Schriftstellerin Hilary Mantel, als im Frühjahr 2020 der dritte Teil ihres historischen Epos erschien und die Geschichte des wichtigstens Beraters von König Heinrich VIII. zu Ende erzählt war. Eine Antwort erhielten ihre Anhängerinnen und Anhänger jedoch die längste Zeit nicht: Mantel verstarb unerwartet am 22. September 2022 im Alter von 71 Jahren.
Im Umfeld einer Gedenkfeier zu ihren Ehren, die am Donnerstag in der Londoner Southwark Catherdal abgehalten wurde, haben Mantels Ehemann und ihr Agent nun aber doch verraten, woran die zweimalige Booker-Prize-Gewinnerin bis zu ihrem Tod gearbeitet hat. Sie hatte sich Jane Austens Klassiker »Stolz und Vorurteil« vorgenommen und eine satirisch grundierte Version konzipiert, in der die Nebenfigur Mary Bennett im Mittelpunkt stehen sollte.
»Ich mach' mir einen großen Spaß«
Außerdem wollte Mantel etliche Figuren aus anderen Romanen von Austen auftreten lassen, sie plante also sowohl eine satirische Überarbeitung als auch ein Mash-up des Literaturklassikers. Der geplante Titel lautete entsprechend: »Provocation«. Der britische »Guardian« veröffentlichte am Samstag eine kurze Passage aus dem unvollendeten Projekt.
»Ich glaube, sie hat sich gedacht: ›Ich mach' mir einen großen Spaß‹«, sagte Mantels langjähriger Agent Bill Hamilton dem »Guardian«. »Sie hatte das Gefühl, dass es an der Zeit sei, die wirklich ernsten Recherchen und großen historischen Romane hinter sich zu lassen und etwas Spielerisches zu beginnen.«

Mantel 2012 mit ihrem zweiten Booker-Prize: Den ersten hatte sie für »Wölfe« (Originaltitel »Wolf Hall«) erhalten, den ersten Teil ihrer Trilogie über den Königsberater Thomas Cromwell. Durch die Auszeichnung für die Fortsetzung »Falken« (»Bringing Up the Bodies«) konnte Mantel den angesehenen Literaturpreis als erste Frau zweimal gewinnen.
Foto: Ben Pruchnie/ Getty ImagesMantel hatte nach Angaben von Hamilton und ihrem Ehemann Gerald McEwen bereits ein Manuskript im Umfang von 20.000 Worten für »Provocation« verfasst. Davon sei aber nur der jetzt veröffentlichte Auszug so weit bearbeitet gewesen, dass man ihn mit der Welt teilen könnte, so McEwen. Der Rest des Manuskripts sowie ein Bestand von rund 150 Notizbüchern sei an die Huntington Library in Kalifornien übergeben worden, die Mantels Archiv beherbergt. Die Notizbücher dürfen erst nach McEwens Tod veröffentlicht werden.
Mit Anfragen überhäuft
Neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin war Mantel auch immer wieder journalistisch hervorgetreten und hatte in der »London Review of Books« viel beachtete Essays etwa zur britischen Königsfamilie veröffentlicht. In »Royal Bodies« hatte sich Mantel mit der Rolle der jüngeren Frauen bei den Windsors beschäftigt. Auf ein ähnlich pointiertes Stück hatten viele gehofft, als Queen Elizabeth II. starb. Sie seien mit Anfragen für einen Kommentar zum Tod der Königin überhäuft worden, berichtete nun ihr Ehemann McEwen. Und tatsächlich habe Mantel eine Fortführung von »Royal Bodies« geplant.
Zum Schreiben sei sie aber nicht mehr gekommen, denn das Paar wollte zunächst seinen Umzug nach Irland abschließen. Das Haus in Devon, in dem McEwen und Mantel gelebt hatten, war bereits ausgeräumt, als Mantel einen Schlaganfall erlitt, von dem sie sich nicht mehr erholte. Hätte sie noch bis zum 23. September gelebt, hätten Mantel und McEwen ihren 50. Hochzeitstag feiern können.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war der Name Jane Austen in der Titelzeile falsch geschrieben. Wir haben den Fehler korrigiert.
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