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Hobby: Hardanger-Technik ist Spannung und Entspannung zugleich - Nordkurier

Von wegen Entspannung. Wenn die Handarbeitsgruppe im Demminer Café 3K zusammensitzt, ist die Spannung groß: Findet das Muster am Ende zusammen oder nicht? „Verzählt man sich auch nur um einen Faden oder hat man sich um vier Fäden verschnitten, geht alles nicht mehr auf“, erklärt die Organisatorin Karin Jonas. Hardanger heißt die besondere Stickkunst, die die zwölf Frauen jeden Donnerstag praktizieren. Zur Wendezeit, als der Kurs unter dem Dach der Volkshochschule begann, war die nach einer norwegischen Region benannte Technik laut Karin Jonas „der Renner“. Damals unterwies Editha Schönberg, die bis heute Teil der Gruppe ist, die Anfänger.

Heute mehr Woll- und Filzarbeiten

Inzwischen wurde Hardanger laut Karin Jonas von Woll- und Filzarbeiten abgelöst. Die speziellen Stoffe und Garne zu finden ist schwierig, auf der Handarbeitsmesse in Neubrandenburg sei von Hardanger nichts mehr zu sehen. Der Demminer Hardangerzirkel aber blieb dabei, auch nachdem er sich von der Volkshochschule löste. „Unser Grundprinzip ist nach wie vor Hardanger“, erklärt Karin Jonas.

Konzentration, Aufmerksamkeit, Genauigkeit, Geduld und Gründlichkeit, darauf komme es beim Hardanger an. „Man braucht auch gute Augen“, sagt Hannelore Koch. Vor allem aber müsse vorher alles richtig berechnet werden. Bei der Handarbeitskunst geht es dabei in Viererschritten voran, alles muss durch 4 teilbar sein, so wie – zufälligerweise – die Zahl der Mitglieder. Wenn alles gut geht, entstehen so Kunstwerke, die laut Karin Jonas „eigentlich unbezahlbar“ sind. Monatelang sticken die Frauen an manchen Decken. Selbst mit einem kleinen Weihnachtsstern müsse man bereits im September beginnen und fast täglich sticken, um pünktlich zum Fest fertig zu sein. Bezahlen will den Aufwand niemand mehr, auf Märkten bieten die Frauen ihre Kunstwerke deshalb nicht an. „Wenn ich für so einen Stern hundert Euro haben will, würde ihn niemand kaufen“, weiß Karin Jonas. Sie hat deshalb bereits ihr gesamtes Haus mit Hardanger dekoriert und verschenkt viele ihrer Arbeiten, auch wenn es manchmal schwerfalle. Lukrativ ist Hardanger also nicht, man müsse es schon lieben, sagen die Frauen.

Hobby macht süchtig

„Es ist ein Hobby“, meint Karin Jonas. „Ein schönes Hobby.“ Und das Hobby macht süchtig, lässt sie manchmal sogar nicht schlafen. „Wenn ich einen Fehler gemacht habe, bin ich auch schon mal nachts aufgestanden, weil es mir keine Ruhe ließ. Dann habe ich mich ins Wohnzimmer gesetzt und gesucht, wo der Fehler war.“

Wer Hardanger zum Hobby hat, sollte sich von Missgeschicken nicht leicht entmutigen lassen. Denn Fehler sind ebenso schnell passiert wie hartnäckig, und nur schwer auszugleichen. „Wenn man beim Häkeln eine Masche vergisst, kann man das ausgleichen, beim Hardanger ist das nicht so einfach“, erklärt Karin Jonas. Im schlimmsten Fall bedeutet das: „Wenn der Faden durch ist, ist er durch.“ Es seien auch schon Stücke weggeworfen worden, erzählt Brunhilde Stier.

Es geht den Frauen auch um Geselligkeit

Für eine der Frauen im Hardangerzirkel ist die präzise Handarbeitskunst ein bisschen „zu penibel“. Sie sitzt deshalb lieber strickend dabei. Und auch andere Mitglieder bringen, wenn es mal viel zu besprechen gibt, Wollarbeiten mit, um sich besser unterhalten zu können. Denn darum geht es in der Hardangergruppe auch: Geselligkeit. Die Frauen sprechen über dies und das, tauschen sich bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen über Neuigkeiten aus. Da komme es eben schon mal vor, dass man sich verquatsche und darüber einen Fehler mache, erzählen sie gelassen. Der Austausch ist ihnen wichtiger. „Vor allem im Winter ist es schön, rauszukommen“, findet Karin Jonas. Im Sommer dagegen macht die Gruppe Pause. „Wir haben Enkel, Gärten, ...“, zählen die Frauen auf.

Wenn nicht gerade Sommer ist, packt Karin Jonas auch zu Hause oft ihre Handarbeiten aus, um sich vom Alltag zu erholen. Ein bisschen entspannend ist Hardanger nämlich doch, obwohl, oder vielleicht gerade weil es so viel Aufmerksamkeit erfordert: „Ich finde dabei Ruhe“, sagt Karin Jonas, „weil man sich voll und ganz nur auf die Handarbeit konzentriert.“

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