Am Freitag wird ein neuer DFB-Präsident gewählt. Schon wieder. Wer sind die beiden Kandidaten, die um das höchste Amt im deutschen Fußball kandidieren? t-online stellt die beiden Bewerber vor.
Nein, "I Got You Babe" von Sonny und Cher wird – aller Voraussicht nach – nicht erklingen, und der Wecker wird dabei auch nicht zum x-ten Mal auf dieselbe Uhrzeit springen. Aber wenn am Freitag auf dem 44. Ordentlichen Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes in Bonn der neue DFB-Präsident gewählt wird, dann hat es doch trotzdem etwas von "Und täglich grüßt das Murmeltier".
Denn der Ordentliche Bundestag des DFB findet sich seit Jahren in gefühlt immer kürzeren Intervallen zusammen, um sich mal wieder für einen neuen Chef zu entscheiden. Mit den letzten dreien – Wolfgang Niersbach (2012-15), Reinhard Grindel (2016-19) und zuletzt Fritz Keller (2029-21) hatte man aber auch wirklich kein Glück. Alle drei traten nach diversen Verfehlungen mehr oder weniger freiwillig zurück, die Hoffnung ist nun, dass es Kellers Nachfolger mal länger als drei Jahre in der DFB-Zentrale in der Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt am Main aushält. Zumindest doch mal für eine komplette Amtszeit.
Bernd Neuendorf und Peter Peters treten gegeneinander an, einer von beiden wird als 14. Präsident aus der Wahl hervorgehen. Erstmals in der 122 Jahre dauernden DFB-Geschichte steht eine Kampfabstimmung bevor. Benötigt wird die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen. 262 Delegierte sind stimmberechtigt.
Wer sind die beiden Kandidaten, die den größten Einzelsportverband der Welt endlich wieder in ruhige Fahrwasser bringen wollen? t-online stellt sie vor.
Das ist Bernd Neuendorf:
"Ich kenne ihn nicht" erklärte Oliver Bierhoff im vergangenen Herbst. Der DFB-Direktor, sonst ein Meister unverfänglicher Antworten und Allgemeinplätze, gab da eine überraschend freimütige Antwort. Damals kam erstmals der Name von Bernd Neuendorf als Kandidat für das Amt des DFB-Präsidenten ins Gespräch.
Und mittlerweile ist der große Unbekannte nicht nur Favorit, dem Vernehmen nach wäre alles andere als ein klares Votum für Neuendorf eine Überraschung. Der 60-Jährige ist tatsächlich kein klassischer "Fußball-Funktionär", kann stattdessen auf eine lange Medienlaufbahn zurückblicken. Neuendorf war unter anderem von 1992 bis 1999 für verschiedene Tageszeitungen Parlamentskorrespondent in Bonn, später stellvertretender Chefredakteur der Mitteldeutschen Zeitung, bekleidete dann verschiedene Positionen bei der SPD, amtierte beispielsweise von 2012 bis 2017 als Staatssekretär im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen.
Erst seit 2019 ist der Dürener Präsident des Fußballverbandes Mittelrhein. Er gilt als gut vernetzt, als überlegt, als einer, der Entscheidungen nicht überstürzt, sich selbst auch mal nicht zu ernst nimmt.
Kein klassischer "Fußball-Funktionär": Bernd Neuendorf. (Quelle: Fußballverband Mittelrhein/imago images)
Neuendorf kann auf die Unterstützung der Landes- und Regionalverbände zählen – das Amateurlager stellt die deutliche Mehrheit der Delegierten bei der Präsidentenwahl. Im Falle seiner Wahl wolle er erreichen, "dass beim DFB wieder Ruhe einkehrt", erklärte der zweifache Familienvater im Vorfeld.
Neuendorf will sich mit seinem Schattenkabinett auch für mehr Diversität einsetzen: Die frühere Nationalspielerin Celia Sasic soll als Präsidiumsmitglied für Diversität und Vielfalt fungieren, die Schleswig-Holsteinerin Sabine Mammitzsch würde Vizepräsidentin für den Frauenfußball, die derzeit kommissarisch agierende Generalsekretärin Heike Ullrich soll dauerhaft in diesem Amt bleiben. Mit ihm könnte es im DFB "einen Kulturwandel geben, den strebe ich zumindest an. Ich will also wirklich ein Präsident sein, der vernunftbasiert und nüchtern, aber auch zugewandt und zuhörend auf die Menschen zugeht", erklärte Neuendorf im "Deutschlandfunk".
Allerdings: Ob mit dem in seinen Erklärungen oft vage bleibenden Neuendorf ein wirklicher Neuanfang möglich ist, wirkt fraglich. Zu ungenau die Positionierung gegenüber der "alten Garde", zu diplomatisch die Antworten. Er trete an, weil er "auch mit dem Missverständnis mal aufräumen möchte, was viel auch in den letzten Wochen beschrieben wurde und was ich nicht erkenne, wenn man sagt, der DFB ist dysfunktional." In der "FAZ" erklärte er außerdem zur umstrittenen WM 2022 in Katar: "Wir sollten vor Ort sein und die Gesprächskanäle nutzen. Wie in der Politik müssen wir versuchen, auch mit schwierigen Partnern zu sprechen und Veränderungen herbeizuführen, mögen sie auch noch so klein sein."
Das ist Peter Peters:
Man mag sich fragen, warum Peter Peters überhaupt kandidiert – sind die Chancen des 59-Jährigen, tatsächlich zum neuen DFB-Präsidenten gewählt zu werden, doch noch deutlich geringer als die Chancen seines langjährigen Klubs Schalke 04 auf den direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga. Vielleicht auch deshalb wirkt Peters bei öffentlichen Auftritten zeitweise angespannt, unsicher, unfreiwillig komisch. Bei seinem Besuch im ZDF-Sportstudio Ende Februar antwortete er auf Moderator Jochen Breyers Begrüßung "Herzlich willkommen" mit – "Herzlich willkommen".
Und auch sonst wirkt Peters' Auftreten unausgegoren. "Ich bin mit dem alten DFB unzufrieden. So können wir nicht mehr weitermachen, so können wir nicht mehr miteinander umgehen", erklärte der 59-Jährige schon zuvor im Interview mit der "Frankfurter Rundschau". Dabei wird Peters eigentlich selbst dem "alten DFB" zugerechnet, gehörte als DFL-Vertreter schon seit Jahren dem Präsidium an. Auch konkrete Pläne, wie aus dem "alten DFB" denn ein neuer DFB werden könnte, blieb Peters schuldig.
Der studierte Betriebswirt, der seine Karriere wie Neuendorf als Journalist begann, war dazu fast drei Jahrzehnte lang in der Führungsetage des FC Schalke 04. 1993 kam Peters zu den Königsblauen, war davor schon zwei Jahre lang stellvertretender Geschäftsführer beim 1. FC Kaiserslautern, dem Verein aus seinem Heimatbundesland. Auf Schalke wurde Peters erst Geschäftsführer, war danach von 1994 bis zu seinem Abschied 2020 Finanzvorstand des Revierklubs.
Seit Jahrzehnten im Fußball: Peter Peters. (Quelle: Martin Hoffmann/imago images)
Peters wird gerade ob seiner langen Verflechtung im Fußball kritisch gesehen. Während seiner Zeit als Aufsichtsratschef der DFL (seit 2007) sei er "nicht durch kluge Entscheidungen aufgefallen", erklärte beispielsweise der langjährige Funktionär Andreas Rettig, von 2013 bis 2015 selbst DFL-Chef. Peters habe "einen der Top-Traditionsvereine in seiner fast 20-jährigen Verantwortung als Finanzchef nahezu in den wirtschaftlichen Ruin geführt".
Dass "jemand, der seit 2007 mehr oder weniger in alle DFB-Entscheidungen involviert war, nun so tut, als hätte er damit nichts zu tun und jetzt als Präsidentschaftskandidat für einen Neuanfang stehen will – mit Verlaub: Da kann ich nur den Kopf schütteln." Peters fehle das Format zum DFB-Boss, meint Rettig, der Neuendorf unterstützt. Man habe zuletzt bei seinen öffentlichen Auftritten erkennen können, "dass er keinen moralischen sportpolitischen Kompass besitzt und ihm die Fähigkeit der Selbstreflexion fremd ist".
Immerhin aber: Im Gegensatz zu Neuendorf distanzierte sich Peters im Vorfeld klar vom umstrittenen Interimspräsidenten Rainer Koch, machte aus der gegenseitigen Antipathie keinen Hehl. Koch stand nicht nur bei den vorangegangenen Schlammschlachten und Streitereien mit Ex-Präsident Fritz Keller im Mittelpunkt, sondern auch wegen anderer dubioser Vorgänge. Das Verhältnis sei zerrüttet, erklärte Peters in der "Frankfurter Rundschau": "Er will mich nicht, ich will ihn nicht." Aller Voraussicht nach wird die Mehrheit der Delegierten aber auch Peter Peters nicht als neuen DFB-Präsidenten.
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