Angebliche Verhandlungen zwischen einem katarischen Staatskonzern und dem DFB sorgen seit Tagen für Aufregung und Befremden, offiziell bleiben aufkommende Bedenken unkommentiert. Nun äußert sich der WM-Gastgeber von 2022 - und lässt den DFB unglücklich dastehen.
Beim Deutschen Fußball-Bund sind sie derzeit rar, die guten Nachrichten. Der Präsident musste nach einem Eklat um einen geschmacklosen Nazi-Vergleich seinen Posten räumen (und steht damit in unschöner Tradition seiner jüngsten Vorgänger), sportlich läuft es zumindest bei der Nationalmannschaft nicht besonders gut - und dann sorgte noch die jüngste Nachricht für eine Menge Ärger: Der DFB soll sich in Verhandlungen mit Qatar Airways, der staatlichen Fluglinie von WM-Gastgeber Katar, befinden.
"Der DFB muss sich der Außenwirkung solcher Verhandlungen deutlich bewusst werden. Auf dem grünen Rasen für Menschenrechte zu demonstrieren und dann Sponsorenverträge mit der staatlichen Airline eines Landes anzustreben, in dem die Menschenrechtslage äußerst fragil ist, passt schwerlich zusammen", schimpfte Gyde Jensen, die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, in der "Bild am Sonntag". CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb bei Instagram: "Der DFB hat eine große Verantwortung, es kann ihm nicht ernsthaft nur um das Geld gehen." Weiter erklärt er: "Dass unsere Nationalelf mit unserer nationalen Airline fliegt statt mit Qatar Airways, ist auch eine Frage von Patriotismus und nationaler Ehre."
Begehren des DFB "blieb bis zum heutigen Tage unbeantwortet"
Über die vermeintlichen Gespräche des Verbandes mit einem der wichtigsten Staatskonzerne des nächsten WM-Gastgebers hatte als Erstes die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Demnach seien die Verhandlungen schon so weit, dass demnächst eine Vorlage für das Präsidium erstellt werden könnte.
Vom DFB gab es zu dem gesamten Komplex bisher keine offizielle Stellungnahme, aus DFB-Kreisen war jedoch zu hören gewesen, dass die Fluglinie auf den Verband zugekommen sei, schreibt die Deutsche Presse-Agentur. Jetzt meldete sich die Botschaft Katars - und ließ verkünden, dass alles ganz anders sei. "Entgegen der Presseberichterstattung hat es zu keinem Zeitpunkt Verhandlungen oder Gespräche zwischen Qatar Airways und dem DFB über ein Sponsoring oder sonstige Förderungen gegeben", wird der Botschafter des Staates Katar in Deutschland, Abdulla Mohammed Al-Thani, in einer Mitteilung der Botschaft zitiert.
Entsprechendes Interesse an einer Partnerschaft sei aber durchaus vorhanden gewesen - allerdings alleine vonseiten der Deutschen. "Qatar Airways wurde zwar vonseiten des DFB mit einem derartigen Begehren kontaktiert, dies blieb aber bis zum heutigen Tag unbeantwortet. Qatar Airways zieht es derzeit nicht in Betracht, entsprechende Verhandlungen aufzunehmen." Die in Deutschland geführte Debatte werde "mit Befremden zur Kenntnis genommen", hieß es aus der Botschaft. Der DFB sagte auf Anfrage von ntv.de, dass er sich derzeit nicht zu dem Thema äußern wolle. Katar als Gastgeberland der WM 2022 steht wegen der Menschenrechtslage und Bedingungen für ausländische Arbeiter seit Jahren im Fokus der Öffentlichkeit.
Der Sportethiker Professor Franz Bockrath hatte gegenüber sportschau.de jüngst erklärt, was eine Partnerschaft mit Qatar Airways für den DFB problematisch machen würde: "Sicherlich erstmal die Situation in Katar selbst, aber auch die Richtlinien, die sich der DFB selber gegeben hat. Es gibt ja den Ethikkodex des DFB, dem eine Partnerschaft mit Qatar Airways sicher widersprechen würde. Es wurde ja ausdrücklich davon gesprochen, dass man den Menschenrechten Rechnung tragen möchte, und dass man Menschenrechtsverletzungen entschieden entgegentreten möchte." Der DFB habe "noch im April eine Menschenrechts-Policy abgesegnet, in der ausdrücklich gesagt wurde, dass man bei der Auswahl seiner Partner in der Wirtschaft auch auf die Zuverlässigkeit achten würde, dass man sich dementsprechend verantwortungsbewusst zeigen möchte. Angesichts solcher Aussagen wäre es doch schon sehr befremdlich, wenn der DFB einen solch lukrativen Vertrag abschließen würde."
"Zeichen setzen für die Werte, für die wir stehen wollen"
Auch die Nationalmannschaft nutzte zwei Länderspiele vor dem Start der Europameisterschaft dazu, offensiv auf die Verbesserung der Situation vor Ort zu drängen. "Wir haben natürlich die WM vor uns. Darüber wird immer wieder diskutiert. Wir möchten der Gesellschaft klarmachen, dass wir das nicht ignorieren, sondern ganz klarmachen, welche Bedingungen da herrschen müssen", kommentierte Leon Goretzka: "Wir haben eine große Reichweite - und können die wunderbar nutzen, um Zeichen zu setzen für die Werte, für die wir stehen wollen." Vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Island bildeten die DFB-Spieler mit bemalten Shirts die Worte "HUMAN RIGHTS". "Wir als Nationalmannschaft haben die Kraft, Dinge anzusprechen. Wenn das eine oder andere hier auf der Erde nicht passt, hat man schon die Chance, mit dem Fußball die Aufmerksamkeit auf die Missstände zu richten. Das wollen wir im Hinblick auf die WM machen", erklärte Joshua Kimmich.
Qatar Airways ist unterdessen bereits Partner zahlreicher europäischer Spitzenklubs, unter anderem des deutschen Branchenprimus FC Bayern München.
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