... und sie haben Neymar: Der Brasilianer Neymar vereint deutsche Fußballfans in leidenschaftlicher Abneigung. Er mache aus jeder Szene zu viel, wälze sich zu häufig am Boden, sei generell überschätzt. Nun gut. Gegen die Bayern leitete er erst das 1:0 durch einen forschen Antritt samt punktgenauem Zuspiel auf Kylian Mbappé (3. Minute) ein, dann schlug er vor dem 2:0 durch Marquinhos einen Pass, der in jeder Phase des Fluges aus dem Halbfeld über Abwehr hinweg das Wort »Weltklasse« ausstrahlte (28.). Seine Torbeteiligungen 67 und 68 im 66. Champions-League-Spiel seiner Karriere.
Das Ergebnis: Der FC Bayern München hat das Hinspiel im Viertelfinale der Champions League 2:3 (1:2) gegen Paris Saint-Germain verloren. Hier geht es zum Spielbericht.
Die erste Hälfte: Neben den zwei Toren von PSG zeigten die Bayern viel, sehr viel. Es gab nach vielen Balleroberungen und schnellen, guten Zuspielen in die Spitze zahlreiche hochkarätige Chancen, unter anderem durch Eric Maxim Choupo-Moting (2.), Thomas Müller (10.) und Leon Goretzka (19.). 12:2 Torschüsse waren nach 36 Minuten zu zählen, der 13. saß: Choupo-Moting traf per Kopf zum 1:2 (37.). Während der noch jubelte, schubste ihn Kollege Müller schon wieder Richtung Tornetz: »Hol den Ball raus, mach weiter!« Die Bayern hatten noch was vor.
Wenn's kommt, dann richtig: Nachdem Bayern-Trainer Hansi Flick schon vor der Partie die beiden Offensivkräfte Robert Lewandowski (verletzt) und Serge Gnabry (Covid-19) abhanden kamen, musste er in der ersten Hälfte auch noch Leon Goretzka und Niklas Süle angeschlagen austauschen.
Die zweite Hälfte: Zunächst kamen die Gäste zu einer Doppelchance durch Neymar und Mbappé (52.), dann vergaben auf der Gegenseite David Alaba und Benjamin Pavard (jeweils 53.). Der Ausgleich für weiter drückende Münchner fiel durch einen Kopfball von Müller (60.), bevor Mbappé PSG wieder in Führung brachte (68.). Keine 60 Sekunden später hatte Choupo-Moting das 3:3 auf dem Fuß. Alaba (86.) und erneut Müller (87.) vergaben die letzten Gelegenheiten der Gastgeber, die erstmals seit November 2019 wieder ein Pflichtspiel zu Hause verloren, in der Champions League war das zuletzt Anfang 2019 gegen den FC Liverpool der Fall gewesen.
... und sie haben Mbappé: »Wir haben vorne unwahrscheinliche Geschwindigkeit, das wollten wir ausnutzen«, sagte PSG-Spieler Julian Draxler nach der Partie. Er meinte damit nicht nur Neymar, sondern auch Mbappé. Bei dessen erstem Treffer erhielt er noch gütige Mithilfe von Manuel Neuer, der den mittig geschossenen Ball durchrutschen ließ, beim zweiten wackelte er den eingewechselten Jérôme Boateng aus und schloss dann scharf ins kurze Eck ab – dieses Mal war Neuer machtlos.
Traumabewältigung: In der vergangenen Saison hatte Mauricio Pochettino mit seinem damaligen Klub Tottenham Hotspur eine gewaltige 2:7-Heimniederlage gegen die Münchner hinnehmen müssen. Es war ein Ergebnis, das sich nicht mehr reparieren ließ, er musste die Spurs kurz darauf verlassen. Beim Wiedersehen musste er wie Kollege Flick auf wichtiges Personal verzichten, das Resultat lässt ihn hoffen, dass er 2021 das schafft, was ihm 2019 mit Tottenham gelungen war: das Erreichen des Champions-League-Finals.
Offene Flügel: So stark PSG vorne besetzt ist, so schwach sind sie auf den Außenverteidigerpositionen bestückt. In München versuchten sich der Ex-Dortmunder Abdou Diallo, Colin Dagba und Mitchel Bakker, allesamt mehr schlecht als recht. Während Kingsley Coman immer wieder bis zur Grundlinie durchkam, hatte Leroy Sané mehr schattige als lichte Momente. Wenn die Bayern noch weiterkommen wollen, müssen sie diese Schwäche im PSG-Spiel gnadenloser ausnutzen.
Die Saison am Scheideweg: Die leidige Bundestrainerdiskussion und der von Sportdirektor Hassan Salihamidzic bestätigte Abgang von Boateng verlieren an Wucht angesichts des drohenden Ausscheidens in der Champions League. Die Pokalniederlage in Kiel wurde noch als verzeihlicher Ergebnis-Schluckauf abgetan, ein Viertelfinal-K.-o. in der Königsklasse wäre ein Stimmungskiller und würde die Saison trotz fast sicherer Meisterschaft als nicht gelungene in die Bayern-Historie eingehen lassen. Flicks erste Champions-League-Niederlage könnte eine maßgebliche sein.
Und jetzt? Im Rückspiel in Paris am kommenden Dienstag (21 Uhr, Liveticker: SPIEGEL.de) benötigt der FC Bayern mehrere eigene Tore und möglichst keine Gegentreffer. Ersteres scheint nach dem 63. Pflichtspiel in Folge, in dem der FCB traf, wahrscheinlich. Zweiteres nach nunmehr 50 (!) Gegentreffern in 42 Pflichtspielen in dieser Spielzeit fast gleichermaßen unwahrscheinlich, die Ausfälle von Süle und Goretzka machen die Aufgabe nicht leichter. Das Ziel, als erstes Team seit Real Madrid den Titel zu verteidigen, ist vorerst in weite Ferne gerückt.
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