Die Gastronomie leidet massiv unter den Corona-Shutdowns. Seit Monaten sind die Restaurants in Deutschland geschlossen. Doch während viele Branchen ab kommender Woche wieder öffnen dürfen, müssen Lokale ihre Kundinnen und Kunden weiter vertrösten. Die Entscheidung, wann die Gastronomie wieder öffnen darf, wurde auf den 22. März vertagt.
Mitten in diese schlechten Nachrichten für die Branche platzt die Veröffentlichung des neuen »Guide Michelin Deutschland«. Denn die Inspektoren des roten Gastroführers waren auch im vergangenen Jahr unterwegs und haben neue Sterne verteilt. In der am Freitag vorgestellten Neuausgabe für Deutschland sind insgesamt 310 Sternerestaurants aufgelistet, darunter
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ein neues Drei-Sterne-Restaurant,
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drei neue Zwei-Sterne-Restaurants und
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25 neue Restaurants mit einem Stern.
Im Vorjahr hatte der Restaurantführer 308 Sterne-Restaurants aufgelistet.
Unter den zehn Drei-Sterne-Restaurants handelt es sich bei dem »Neuling« eigentlich um ein Comeback: das Restaurant Temporaire, ein vorübergehender Ersatz für die Schwarzwaldstube in Baiersbronn. Im Januar 2020 war das Stammhaus der Traube Tonbach bei einem Brand zerstört worden, einschließlich der mit drei Sternen ausgezeichneten Schwarzwaldstube.
Die Inhaberfamilie habe innerhalb kürzester Zeit ein neues vorübergehendes Zuhause für das Restaurant geschaffen, so das Lob des »Guide Michelin«. Hier knüpfe das Küchenteam um Torsten Michel nahtlos an das bisherige internationale Top-Niveau an – gewissermaßen auferstanden wie ein Phönix aus der Asche. »Die exzellente klassisch-französische Küche legt den Fokus auf beste Produkte und auf wunderbare Kontraste für die rundum geschmackvollen Gerichte.«

Er sei »erleichtert«, sagte Michel, als er von der Auszeichnung erfuhr. »Das lässt uns doch freudiger in die Zukunft schauen.« Auch wenn Michel bereits in der Vergangenheit mit drei Sternen gekürt worden war: »Die Karten werden jedes Jahr neu gemischt – und wir nehmen die Herausforderung freudig an.«
Drei Restaurants schafften es, mit einem zusätzlichen Stern in die Zwei-Sterne-Gastronomie Deutschlands aufzusteigen, in dieser Kategorie sind nunmehr 41 Restaurants aufgelistet. Die neuen sind
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das Esplanade in Saarbrücken, wo Silio Del Fabro mit der mediterran inspirierten klassischen Produkt-Küche einen zweiten Stern erkochte,
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das Goldberg in Fellbach mit dem Team von Philipp Kovacs und seiner »im Hier und Jetzt«-Küche. Sie vereine gelungen die Regionalität, den saisonalen Bezug und die Moderne, hieß es. »Das ist wahrscheinlich die beste Nachricht der letzten zwölf Monate« angesichts der andauernden Krise der Branche, sagte Kovacs, als er per Videoschalte von seinem zweiten Stern erfuhr. »Es war ein verrücktes Jahr für uns alle.«
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Ebenfalls in die Zwei-Sterne-Liga aufgenommen wurde das Ösch Noir in Donaueschingen, das erst im vergangenen Jahr neu mit einem Stern ausgezeichnet wurde. Küchenchef Manuel Ulrich beweise eine klare Steigerung seiner Leistung mit seiner modern umgesetzten klassischen Küche, lobten die Inspektoren.
Die Fachleute zeichneten außerdem 25 neue Restaurants mit einem Michelin-Stern aus. Damit gibt es in der neuen Ausgabe des »Guide Michelin« für 2021 insgesamt 259 Restaurants mit einem Stern.
Süddeutschland: Das Geheimnis der Sterne
Spitzenreiter der Sternegastronomie ist weiterhin Berlin. Die deutsche Hauptstadt verzeichnet mit insgesamt 25 Sterne-Restaurants die höchste Zahl im »Guide Michelin« 2021, darunter ein Drei-Sterne-Restaurant, fünf Zwei-Sterne-Restaurants und 19 Ein-Stern-Restaurants.
Abseits der Metropolen gibt es allerdings eine deutliche Häufung von Sterne-Restaurants in der südlichen Hälfte Deutschlands. Schon seit den Anfängen des »Guide Michelin« in den Sechzigerjahren sei zu beobachten, dass sich gerade in Süddeutschland viel tue, sagt der Direktor des »Guide Michelin« für Deutschland und die Schweiz, Ralf Flinkenflügel. In Baden-Württemberg zeige sich die Nähe zu Frankreich, wo auf gute Küche besonders Wert gelegt werde. »Auffällig ist auch, dass es viele gute Küchen gibt in Weinbaugebieten. Wer eine Affinität zu gutem Wein hat, möchte auch ein gutes Essen.«
Michelin-Lob: Trotz oder wegen Corona?
Doch Spitzengastronomie während einer Pandemie zu testen – ist das überhaupt möglich? Ein Sternemenü to go – das wäre für viele Gourmets wohl eine merkwürdige Vorstellung. »Gefühlt hatten die Restaurants im vergangenen Jahr eine Ewigkeit zu – aber ganz so war es nicht«, sagt Flinkenflügel. Zu zwei Drittel des vergangenen Jahres hätten die Restaurants öffnen können.
»Klar, wir mussten uns auch darauf einstellen«, räumt er ein. Sein Team habe sich dabei unglaublich flexibel gezeigt und beispielsweise den Urlaub in der Zeit des Lockdowns genommen. »Zudem bekamen sie Unterstützung von internationalen Teams aus dem Ausland – das hat sehr geholfen.«
Einen Stillstand habe die Pandemie für die Spitzenrestaurants nicht bedeutet. Einerseits seien die Restaurants »unheimlich gut besucht« gewesen, andererseits hätten viele Gastronomen die Zeit des Lockdowns für neue Überlegungen genutzt. »Wir hatten den Eindruck, viele Gastronomen haben sich hinterfragt, haben überlegt, wo können wir uns verbessern, was können wir optimieren?« Bei vielen Restaurants sei eine deutliche Steigerung zu erkennen gewesen.
Immerhin eine positive Auswirkung der Krise. Christian Bau, Küchenchef im Victor’s Fine Dining in Perl-Nennig im Saarland, hatte allerdings auch von Antriebslosigkeit berichtet. »Nicht gebraucht zu werden, das hat mich fertig gemacht«, sagte der 50-Jährige dem SPIEGEL. (Lesen Sie hier, wie die Coronakrise Spitzenköchen zusetzt – und was für Ideen aus der Not entstanden sind.)
Auch das Thema Nachhaltigkeit spiele eine immer größere Rolle bei vielen Gastronomen, sagt Flinkenflügel. Im »Guide Michelin« des Jahres 2020 waren 18 Restaurants mit einem grünen Stern ausgezeichnet. 2021 sind es schon 53.
Möglicherweise frage sich mancher, wie man in so einer schweren Zeit den Guide veröffentlichen könne, meint der Direktor der »Guide Michelin«-Ausgabe. Es habe aber auch Anrufe von vielen Gastronomen bekommen mit dem Tenor: Wenn ihr den jetzt auch noch nicht rausbringt, geraten wir in Vergessenheit.
»Wir konnten die Restaurants bewerten und es ist auch 2021 ein positives Signal an die Branche«, betont Flinkenflügel. Wenn die Restaurants nach dem Lockdown wieder Gäste empfangen dürfen, können die neuen Sterne also umso heller funkeln.
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