Stand: 12.02.2021 09:32 Uhr
Wie wenige verkörperte der Pianist Chick Corea die Idee des Jazz: die ungemeine Spielfreude, die Suche nach neuen Formen und Formationen. Nun ist er im Alter von 79 Jahren gestorben.
Von Sebastian Hesse, ARD-Studio Washington
Dass seine Familie aus Südeuropa stammt, genauer gesagt aus Kalabrien, das sah man dem kleinwüchsigen Mann mit seinem jungenhaften Lockenkopf, dem dünnen Oberlippenbärtchen und dem charakteristischen breiten Grinsen durchaus an. Geboren wurde er als Armando Anthony Corea. 1941 war das, in Chelsea, einer Kleinstadt im Speckgürtel von Boston.
Schon früh habe er seinen kleinen Zeh in die weiten Wasser Mozarts getunkt, erzählt Chick Corea, der schon früh Klavierunterricht erhält. Als junger Mann schwimmt er sich in Bostons vitaler Jazzszene der 1960er-Jahre frei.
Jammen, ausprobieren, Neues wagen
Corea jammt mit unzähligen Musikern, probiert aus, improvisiert, lässt sich von lebenden Legenden inspirieren. Thelonius Monk, der Pianist, sei geradezu in seine DNA übergegangen. Ebenso der Trompeter Miles Davis und der Saxofonist John Coltrane, die seine Lehrer wurden. Davis ist schnell mehr als nur ein Mentor: Gemeinsam heben sie Ende der 1960er-Jahre den elektrischen Fusion-Jazz aus der Taufe.
In den 1970er-Jahren geht Chick Corea dann eigener Wege: Mit seiner Band "Return To Forever" verschmilzt er den Jazz mit lateinamerikanischen Klängen. Die brasilianischen Aufnahmen mit der Sängerin Flora Purim hätten damals den Nerv der Zeit getroffen, erinnert sich Bassist Stanley Clarke. "Return To Forever" beeinflusste Musiker weit über die Jazz- und Weltmusik-Szene hinaus.
Seine ersten Gruppen seien Jazz-Bands gewesen, erzählt Sting. Einmal hätten sie in Newcastle im Vorprogramm von "Return To Forever" spielen dürfen: Das habe sein musikalisches Leben für immer verändert.
Immer experimentierfreudig
Corea spielte dann in späteren Jahren mit einem Virtuosen nach dem anderen: Mit dem Sänger Bobby McFerrin, dem Banjo-Spieler Bela Fleck oder dem Vibraphonisten Gary Burton. 23 Grammys hat ihm seine musikalische Experimentierfreudigkeit eingebracht.
Umstritten war Corea vor allem wegen seiner Scientology-Mitgliedschaft. 1993 wurde der Pianist deswegen in Stuttgart von Konzertveranstaltern ausgeladen, auf Druck der Landesregierung von Baden-Württemberg. Der Vorfall beschäftigte anschließend den Kongress in Washington, der sich bei der Bundesregierung beschwerte, der Scientologe Corea sei in seinen Menschenrechten verletzt worden. In Deutschland aufgetreten ist der Jazzer danach noch manches mal.
Chick Corea erlag bereits am Dienstag einer Krebserkrankung. Er wurde 79 Jahre alt.
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