(Motorsport-Total.com) - Die Nachwuchsserie Formel 2 hat am Rande des Italien-Grand-Prix 2023 in Monza ihr neues Rennauto für 2024 und darüber hinaus vorgestellt. Und das ist auch für die Formel 1 relevant, denn es steckt viel Formel-1-Technik im neuen Formel-2-Auto. Die Designer haben sich bewusst am 2022 eingeführten Technischen Reglement orientiert und aus dessen Stärken und Schwächen gelernt.

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Das neue Einheitsauto für die Nachwuchsrennserie Formel 2 in der Saison 2024 Zoom
Die Macher der Formel 2 sind deshalb sogar davon abgerückt, ihr bestehendes Fahrzeugdesign einfach nur weiterzuentwickeln. Stattdessen hat man sich bewusst für ein Formel-1-ähnliches Design entschieden: mit Ground-Effect, einem vergleichbaren Flügelkonzept und verbesserten Sicherheitsstandards.
Und die Formel 2 verfolgt mit ihrem neuen Auto auch das gleiche Ziel wie die Formel 1: Der Rennwagen soll besseres Racing zulassen.
"Besseres Racing" ist auch das Motto der Formel 2
Oder wie es Formel-2-Technikchef Didier Perrin formuliert: "Bei der Aerodynamik des Fahrzeugs haben wir uns darauf konzentriert, das Überholen zu erleichtern. Die Autos sollen einander folgen können."
Tim Goss als Technischer Direktor beim Automobil-Weltverband (FIA) erklärt: "Die Formel-1-Autos ab 2022 haben beim Hinterherfahren gewaltige Fortschritte gemacht. Das ist im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen: auf die Luftverwirbelungen, die hinten am Auto entstehen, und wie die Frontpartie des nachfolgenden Autos mit dieser verwirbelten Luft klarkommt."
Der Weltverband hatte für das neue Formel-1-Reglement eine Art Grundkonzept für die Fahrzeuge entworfen. "Das haben wiederum wir als Ausgangspunkt für die Entwicklung des Formel-2-Autos genommen", sagt Goss. Die Basis ist also für beide Rennserien die gleiche. "Wir haben sie nur auf den [kleineren] Maßstab der Formel 2 angepasst."
"Außerdem mussten wir die angestrebten Leistungsmerkmale für die Formel 2 berücksichtigen und natürlich auch bedenken, dass wir dieses Auto weniger komplex bauen, um die Kosten im Rahmen zu halten", meint Goss.
Formel 2 geht bei DRS einen eigenen Weg
Etwas, das die Formel 2 aber nicht von der Formel 1 übernommen hat, ist das Drag-Reduction-System in seiner aktuellen Form. Hier hat die Formel 2 einen Sonderweg beschritten, um das Racing auf der Rennstrecke noch mehr zu fördern. Und das ist gut erkennbar am ungewöhnlich gewölbten Heckflügel des Formel-2-Fahrzeugs.
Dieser Heckflügel soll bei aktiviertem DRS für einen noch größeren DRS-Effekt sorgen und damit das Überholen erleichtern.

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Der ungewöhnliche Heckflügel am Formel-2-Auto für 2024 mit Drag-Reducation-System Zoom
Dazu sagt Goss: "Es ist einfach, DRS einzuschränken. Das kann man mit der Länge der DRS-Zonen steuern und mit ihrer Anzahl. Aber du musst erst einmal sicherstellen, dass man genug Spielraum hat."
Die Formel 2 zwischen Effizienzgedanke und Kostendruck
Hier seien Schwierigkeiten beim Design aufgetreten, räumt Goss ein: "Die größte Herausforderung war, einen Heckflügel nach Formel-1-Vorbild einzubauen, mit abgerundetem Übergang von Profil zu Endplatte. Denn ein solches Design ist gut für den Luftstrom nach hinten. Aber: Auch hier mussten wir Kosten und Einfachheit im Blick behalten."
Dallara hat laut Goss "fantastische Arbeit" dabei geleistet, die Vorgaben der Formel 2 umzusetzen. "Wir haben den gewünschten Effekt für die Luftverwirbelungen am Heck erzielt, das Auto sieht klasse aus und wir kriegen auch den DRS-Effekt umgesetzt", sagt Goss.
Wie die Formel 2 das Porpoising umgehen will
Aber hat die Formel 2 auch das große Problem der ersten Formel-1-Saison unter dem neuen Reglement in den Griff gekriegt? Die Rede ist natürlich vom sogenannten Porpoising oder Bouncing, dem "Hüpfen" der Fahrzeuge auf der Rennstrecke.
FIA-Technikchef Goss verweist hier auf die Lektionen, die im ersten Formel-1-Jahr gelernt worden seien und meint, man habe beim Formel-2-Auto von Anfang an Maßnahmen ergreifen können, um dergleichen zu vermeiden.
"Das hatten wir natürlich auf dem Schirm. Denn als wir die grundlegenden Erfordernisse für das Auto festgezurrt haben, hatte die Formel 1 gerade extrem mit dem Porpoising zu kämpfen. Wir konnten deshalb sicherstellen, zwar den Wechsel hin zum Ground-Effect zu machen, ohne aber dabei zu sehr auf den Unterboden zu setzen. Die Anforderungen in der Formel 2 sind hier geringer."
F1-Regeln erklärt: So funktioniert "Ground-Effect"
Der "Ground-Effect" erklärt: Wie Venturi-Kanäle, Unterboden und Luftwirbel die neuen Autos noch schneller machen, aber für "Porpoising" sorgen. Weitere Formel-1-Videos
Das Ergebnis ist ein Formel-2-Rennauto, das seinen Unterboden-Abtrieb mit einer höheren Fahrwerkshöhe generiert. "Es entsteht deshalb nicht die Notwendigkeit, das Set-up immer tiefer zu legen und damit in den Bereich zu gelangen, in dem Bouncing-Probleme entstehen", erklärt Goss.
Ob die Praxis dieser Theorie folgt? Das können erst die im September 2023 beginnenden Testfahrten zeigen, wenn der neue Formel-2-Wagen erstmals auf die Strecke geht.
2025: Auch die Formel 3 will mit Formel-1-Know-how fahren
Formel-2-Technikchef Perrin aber zeigt sich zuversichtlich: "Wir haben bei der Entwicklung eng mit der FIA zusammengearbeitet und rechnen daher nicht mit Porpoising. Da profitieren wir natürlich von der Erfahrung von FIA und Formel 1."
"Aber: Wir haben da ein Auge drauf. Es wird sicherlich eines der ersten Dinge sein, die wir [bei den Tests] überprüfen werden: Ob das Auto zu Porpoising neigt oder nicht. Wir sind aber optimistisch, dass es nicht der Fall sein wird."
Und sollte sich das bestätigen, steht schon die nächste Rennserie in den Startlöchern, um ihrerseits vom Technologietransfer aus der Formel 1 zu profitieren: 2025 soll ein neues Formel-3-Rennauto folgen.
Goss: "Wir versuchen, alle Faktoren zu erkennen, die in der Formel 1 und in der Formel 2 zu gutem Racing führen. Denn das Ziel lautet, tolle Rennen zu liefern. Und das geht über das reine DRS auf den Geraden hinaus. All diese Lektionen wollen wir dann auch in der Formel 3 anwenden."
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