Tablet statt Klemmbrett: Wie moderne Technik eine Bad Aiblinger Großbaustelle verändert

So langsam nimmt der millionenschwere Neubau der Bad Aiblinger St.-Georg-Schule Formen an. Doch wie lässt sich ein solches Mammutprojekt eigentlich organisieren und welche Rolle spielt die Technik? Ein Blick hinter die Kulissen.
Bad Aibling – Wenn der Bad Aiblinger Stadtrat in regelmäßigen Abständen über den Fortschritt der neuen Schule diskutiert, geht es meist um die immensen Kosten und die Verzögerung der geplanten Fertigstellung. Weniger thematisiert wird dabei, wie so eine Großbaustelle, an der unzählige Planer, Firmen und Bauarbeiter beteiligt sind, eigentlich funktioniert. Ein Besuch auf der Baustelle zeigt, dass die Technik auf dem Vormarsch ist – und was die Schüler hoffentlich bald erwarten wird.

Zur Einordnung: Für den Neubau der Grund- und Mittelschule St. Georg muss die Stadt Bad Aibling tief in die Tasche greifen. Der ursprüngliche Kosten- und Zeitplan ist längst überholt und wurde immer wieder angepasst. Geplant war eigentlich, dass der Unterricht im Neubau zum Schuljahresbeginn 2023/24, also im September dieses Jahres nach den Sommerferien, startet. Zwischenzeitlich schielte man dann auf die Herbstferien, nun ist klar: Vor den Weihnachtsferien wird ein Umzug in den Neubau nicht mehr realisierbar sein. Hinzu kommen die Gesamtkosten (ein Teil wird gefördert), die mittlerweile auf über 57 Millionen Euro angewachsen sind.
Herausfordernder Überblick
Projektleiter Florian Gerthner („Gerthner & Thieltges Bauüberwachung und Projektsteuerung“) kennt die Sorgen. Er sitzt regelmäßig im Rathaus und unterrichtet den Stadtrat über den aktuellen Baufortschritt. Er versteht die Diskussionen, gerade wenn die zu hohen Kosten angeprangert werden. Dennoch muss er seinen pragmatischen Blick auf das Projekt beibehalten. So sei etwa ein Grund für den Zeitverzug und die Kostensteigerung gewesen, dass man sich während der Corona-Zeit für eine Lüftungsanlage für die Turnhalle entschieden habe. „Auf so einer Baustelle zieht jede Änderung weitere Änderungen nach sich.“ Ein Beispiel dafür, dass alles irgendwie mit allem zusammenhänge.
„Auf so einer Baustelle zieht jede Änderung weitere Änderungen nach sich.“
An einem sonnigen Vormittag läuft Gerthner über die Baustelle und gewährt Einblicke in ein Konstrukt, das fernab von Geldsorgen für den Außenstehenden kaum zu überblicken ist. Rund 60 Leute seien in der Regel auf der Baustelle aktiv. Je nach Bauphase wechselt das Personal, da immer wieder verschiedene Firmen und Gewerke an der Reihe sind. Alleine im Hochbau arbeite man mit etwa 25 verschiedenen Firmen zusammen, im Bereich der Technik mit fünf Unternehmen, nennt Gerthner Beispiele. Alleine dadurch ist es eine Herausforderung, den Überblick über das jahrelange Bauprojekt zu behalten.
Was ist der „Schlüssel“ solcher Projekte?
Während der Projektleiter durch das Gebäude marschiert, das alleine durch unzählige Gerüste noch mehr nach Baustelle als nach Schulbetrieb aussieht, spricht er über das „offene Konzept“, das etwa mit dem lichtdurchfluteten „Innenhof“ später auch von den oberen Stockwerken einen Blick auf die Bühne in der unten liegenden Aula ermöglichen soll. Schon bald kommt das Gerüst weg, sagt Gerthner, läuft an den künftigen Klassenzimmern, die sich ebenfalls durch viel Glas und Lichteinfall charakterisieren, vorbei und betritt die große Terrasse. „Bei gutem Wetter könnten die Schüler hier dann auch im freien gewisse Unterrichtsinhalte abarbeiten“, sagt er. Die Terrasse sei darüber hinaus statisch so angelegt worden, dass bei Bedarf noch weitere Klassenzimmer angebaut werden könnten.

Neben all den baulichen Besonderheiten stellt sich die Frage, wie man ein solches Bauprojekt, welches laut Gerthner nicht mit einem Einfamilienhaus zu vergleichen ist, richtig organisieren kann. „Der Schlüssel bei solchen Großprojekten ist es, die Struktur und den Überblick zu behalten“, erklärt Gerthner. Dabei greife man auf technische Hilfsmittel zurück, ohne die es heute kaum mehr möglich wäre.
Technik soll Zeit und Aufwand sparen
Beispiel Baumängel: Früher, erklärt der Projektleiter, wäre man drei Tage lang mit Klemmbrett und Diktiergerät durch die Räume gelaufen, hätte die Mängel händisch dokumentiert, fotografiert und das Sekretariat beauftragt, alles in Exceltabellen einzutippen. Bevor die Firmen überhaupt ihre Mängel-Aufträge erhalten haben, sei schon eine Woche vergangen, erzählt Gerthner. Heute sei vieles einfacher. Mit Hilfe der Technik nutze man nun etwa digitale Bautagebücher.

Annika Buddenbäumer, zuständig für Bauüberwachung bei „Gerthner & Thieltges“, demonstriert eine Mängelaufnahme. Mit einer App auf ihrem Smartphone fotografiert sie einen Schaden im Flur, gibt ein paar Informationen dazu ein, kann für die Firma, die die Mängel beseitigen muss, auch den exakten Standort einpflegen. „Das spart uns natürlich eine Menge Zeit“, sagt Buddenbäumer. Zwar arbeiteten die einzelnen Firmen selbst teilweise noch nicht mit den digitalen Bautagebüchern, insgesamt zeige sich jedoch ein Trend, wonach die Digitalisierung vieles vereinfache.
Und laut Florian Gerthner spiele die Technik unter Umständen auch eine rechtliche Rolle, sollte es später mal in einem Fall Streitigkeiten vor Gericht geben. „Die Technik ermöglicht uns natürlich auch, dass die Vielzahl an Informationen am richtigen Ort gespeichert ist und dass man Daten später schneller findet.“
Alltag und Neuland zugleich
Etwa für besagte digitale Bautagebücher benötigen die Planer auch eine entsprechende Software. Für den Neubau der St.-Georg-Schule kooperiere man hierfür mit der Münchner Firma „Capmo“. Fabian Helmberger, der als „Senior Account Manager“ für die Bad Aiblinger Kunden zuständig ist, erklärt die Vorzüge der modernen Technik. „Es geht darum, dem Kunden Arbeit und Zeit zu sparen.“ Durch die großen Datenbanken behielten Bauherren die Übersicht über ihre Projekte, verpassten keine Fristen und könnten mit Firmen kommunizieren. Laut Helmberger sei die Arbeit mit solch einer Software für manche Firmen bereits Alltag, für andere absolutes Neuland.

Dennoch machten sich die Betroffenen allgemein mehr und mehr Gedanken, wie man bauliche Prozesse vereinfachen könnte. Trotz des Einsatzes modernster Technik müssen die Schüler nun aber dennoch einige Monate warten, bis der Neubau der St. Georg Schule fertig gestellt ist. Bis dahin ruht die Hoffnung auf eine zeitnahe Fertigstellung auch auf der Technik.
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