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Technik: Darauf sollten Sie bei Ihrem ersten Segeltörn im Frühjahr achten - Yacht.de

Die Saison hat begonnen, endlich liegt das Boot wieder im Wasser, es kann losgehen. Spätestens vor dem ersten längeren Törn ist es sinnvoll, alle Funktionen zu überprüfen, damit es auf See keine bösen Überraschungen gibt. Schließlich muss sich die Crew auf das Schiff verlassen können. Besonders wenn im Winter Arbeiten an bestimmten Systemen vorgenommen wurden, ist eine Überprüfung aller technischen Funktionen angeraten. Dies geschieht am besten im Rahmen einer Probefahrt, so ist Zeit, etwaige Probleme vor der Hauptsaison zu beheben. Eine Testfahrt ist besonders für potenzielle Gebrauchtbootkäufer unabdingbar.

Probefahrt ist wörtlich zu nehmen, nicht alles lässt sich in der Box oder an Land checken. Dafür heißt es Leinen los! Aber der Reihe nach. Segelboote sind extrem komplex, es hängt im Zweifel von nur einem verbogenen Splint ab, ob der Mast steht oder fällt. Unzählige Kleinigkeiten können den ersten Törn vermiesen oder sogar zu gefährlichen Seenotfällen führen. Deswegen ist es wichtig, strukturiert vorzugehen. Sicherheit ist dabei prioritär gegenüber Komfortmerkmalen zu behandeln. Es ist besser, schnell ein undichtes Seeventil zu identifizieren als die kaputte Kühlschrankbeleuchtung. Zudem ist es einfacher, in Kategorien vorzugehen, die Bereiche Bootsbau, Antrieb, Rigg, Elektrik und Installation gesondert zu betrachten.

1. Die Bilge als erstes prüfen

Der erste Blick geht in die Bilge. Unterm Kran Standard, aber auch bei einem schon länger schwimmenden Boot lohnt sich das. Dabei muss etwas Wasser nicht direkt ein Alarmsignal sein. Aber es ist wichtig, dass gegebenenfalls der Unterschied beim zweiten Blick nach der Probefahrt auffällt. Dabei auch die Motorbilge anschauen, ob die Maschine während der Fahrt Öl, Kühlmittel oder Kraftstoff verliert.

Ebenfalls in der Bilge finden sich die Kielbolzen. Hier ist besonders bei der ersten Besichtigung genau hinzuschauen. Nachträglich aufgetragene Dichtmasse etwa ist ein Alarmsignal. Seeventile auf Korrosion, Wasserspuren und leichte Bedienbarkeit überprüfen. Auch die Schlauchanschlüsse nicht vergessen, sind die Schellen fest? Meist hinter den Salonpolstern oder in einem Stauraum finden sich die Unterzüge der Püttinge. Häufiges Problem sind Leckagen, Systeme mit Spannern müssen ordentlich festgezogen sein. Ein Blick auf die Steuerung kann zeigen, ob die Ruderlager zu viel Spiel haben (alles jenseits von zwei Millimetern ist nicht gut) und die Steuerseile bei Anlagen mit Rad über genug Spannung verfügen.

2. Funktioniert die Maschine beim Ablegen?

Soll es dann für die Probefahrt aus der Box gehen, rückt zuerst der Dieselantrieb in den Fokus. Springt die Maschine gut an? Kommt direkt ein Kühlwasserstrahl aus dem Auspuff, und wie sehen die Abgase aus? Bei kaltem Motor darf es auch mal etwas mehr Abgas sein, allerdings nur kurz und weder weiß noch sehr schwarz. Ersteres deutet auf unsaubere Verbrennung und Letzteres auf eine Maschine hin, die zu viel Öl verbrennt. Direkt im Hafen kann anfahren mit gelegtem Ruder und aufstoppen probiert werden. Dabei zeigt sich, ob prompt die gewünschte Leistung kommt. Außerhalb des Hafens dann auf Marschfahrt, also etwa 75 Prozent der Maximaldrehzahl gehen. Hier sollte die Geschwindigkeit ungefähr Rumpfgeschwindigkeit erreichen. Liegt sie deutlich darunter, kommt entweder nicht genügend Leistung vom Antrieb, oder der Propeller passt nicht zum Boot. Ebenfalls interessant ist, wie die Maschine klingt. Ein gleich­mäßiger runder Lauf ist wünschenswert, geringe Vibrationen und wenig Krach. Gibt es hierbei ein Problem, kann das mehrere Ursachen haben. Ein verstopfter Kraftstofffilter etwa lässt nicht genug Diesel durch, und das Aggregat stottert. Aber auch ausgeschlagene Motorlager sorgen für unschöne Vibrationen.

Kontrolle des Motors

Antriebsmaschine: Sichtkontrolle der Maschine und wichtig: Vor und nach der Probefahrt ist ein Blick in die Motorbilge angeraten!
Foto: YACHT/Klaus Andrews

3. Rigg am Liegeplatz durchsehen

Das Rigg wird am besten noch am Liegeplatz durchgesehen. Dazu kann ein Aufstieg in den Mast hilfreich sein. Splinte, Bolzen, Schrauben, Terminals und dort besonders die Verpressungen und der Draht darüber sind Stellen, an denen sich Probleme zeigen können. Steht ein einzelnes Kardeel aus dem Want, muss der Draht erneuert werden. Korrosion an Stellen, wo Edelstahlbeschläge auf dem Aluprofil befestigt sind, ist ein Alarmsignal. Auf dem Wasser werden dann die Segel gesetzt. Ein leichter Lauf der Fallen ist wünschenswert. Geht es schwer, liegt es eventuell an ungepflegten Rutschern, kaputten Lagern in Umlenkern am Mast und Organizern oder an altem und steifem Tauwerk.

Winschen, Klemmen und weitere Beschläge werden beim ersten Schlag unter Segeln zwangsläufig mitgetestet. Geben die Winden ein sauberes Klicken von sich? Klingt es eigenartig oder drehen sie schwer, ist eine Wartung lange überfällig, ein großes Problem ist das aber nicht. Teuer wird es eher beim Tauwerk und natürlich den Tüchern. Sind alle Leinen schon grünlich bewachsen und eher steif, ist ein Austausch unumgänglich. Besonders bei Fallen und Schoten ist Tauwerk mit wenig Reck ideal und entsprechend kostenintensiv. Bei den Segeln ist der Stand und der Zustand des Materials zu prüfen: Nähte, Liekleinen, Gurtbänder, Kauschen, Lattentaschen. Bei Rollgenuas auch den UV-Schutz und die Rollanlage genauer begutachten. Lässt sie sich einfach einrollen? Hier sind auch die Führungsrollen der Reffleine an den Relingsstützen bis nach achtern entscheidend.

Egal, wie viel Wind am Probefahrttag weht, unbedingt einmal ein- und ausreffen. Dabei lässt sich in Erfahrung bringen, ob die Reffleinen richtig eingeschoren sind und leicht laufen.

Auf dem Wasser mit etwas Druck in den Segeln hilft zudem ein Blick entlang des Mastes. Auch wenn er im Hafen gerade steht, erscheint ein ungünstiger Riggtrimm unter Last. Eine s-förmige Biegung seitlich oder lose Leewanten sind deutliche Zeichen.

Sind weitere Segel an Bord, die nicht angeschlagen sind, gilt es, sich auch hier einen Überblick zu verschaffen. Wenn die Zeit auf dem Wasser nicht ausreicht, sie zu setzen, können sie auch unter Deck etwas ausgebreitet und besonders belastete Stellen begutachtet werden.

Unter Segeln lässt sich die Ruderanlage auch besser beurteilen als mit Motor. Angeströmt vom Propeller, kann ein leichtes Ruckeln normal sein, unter Segeln deutet es auf ein Problem hin.

Kontrolle der Segel

Masttrimm: Steht der Mast gerade? Dazu an der Mastnut entlang peilen. Aber auch unter Last beim Segeln checken. Gegebenenfalls nachtrimmen
Foto: YACHT/Nils Günter

4. Als nächstes auf dem Plan: Elektrik und Installation

Zurück im Hafen, den zweiten Blick unter die Maschine nicht vergessen. Danach stehen noch Elektrik und Installation auf dem Plan. Der Zustand der Akkus ist nur indirekt über die Spannung einschätzbar. Alles unter 12 Volt deutet darauf hin, dass der Energiespeicher defekt ist. Läuft der Motor und lädt die Lichtmaschine, sollte die Spannung nicht über 15 Volt liegen. Ist ein Batteriemonitor angeschlossen, kann der Ladezustand des Akkus deutlich präziser bestimmt werden. Ein Bleiakku ist nach fünf Jahren meistens schon an seinem Lebensende. Verkabelung, Absicherung (auch des Landanschlusses) anschauen und auf lockere oder korrodierte Kontakte überprüfen. Ferner einfach mal alle Verbraucher probeweise einschalten. Funktionieren die Lampen, der Kühlschrank, die Navigationselektronik, die Druckwasserpumpe? Hier geht es weiter mit Aspekten zur Installation. Wie sieht das Wasser aus, das aus dem Hahn kommt? Ist es klar und geruchsneu­tral, oder schäumt es und riecht schlecht? Letzteres hieße, dass eine gründliche Reinigung des Tanks nötig ist. Ein Blick in die Wartungsöffnung verrät noch mehr. Darüber hinaus müssen der Dieseltank, die Gasanlage, Heizung, WC und Fäkaltank sowie die Leichtgängigkeit von Luken und deren Dichtigkeit gecheckt werden.

Kontrolle der Stromversorgung und Elektrik sowie der Tanks, Schläuche und Pumpen

Anzeigen: Alle Daten im Blick? Windgeschwindigkeit, Wassertiefe, Bootsspeed und elektronische Seekarten mit allen Funktionen checken
Foto: YACHT/Morten Strauch

5. Auch auf einer Charteryacht sollte alles vor dem ersten Törn kontrolliert werden

Auch die Übernahme und Kontrolle einer Charteryacht erfordert eine Probefahrt. Hier müssen die Segel natürlich genauso überprüft werden, vieles ähnelt sich. Aber das Augenmerk muss vom Charterer auf ganz bestimmte Stellen gerichtet werden. Etwa auf Schäden an der Badeplattform durch missglückte Anlegemanöver rückwärts oder viel benutzte Ausrüstung wie elektrische Ankerwinde, das Beiboot und den Außenborder. Zudem sind Dinge Bestandteil der Charteryacht, die sonst eher als persönliche Ausrüstung nicht unbedingt zum Boot gehören wie Rettungswesten, Sicherungsleinen und Seekarten. Aber auch scheinbar banale Alltagsgegenstände wie Geschirr und Besteck sollten vollzählig sein.

Keinen Unterschied gibt es bei sicherheitsrelevanten Themen wie Antrieb, Kielbolzen und Ruderanlage. Ob Charter oder Kauf, Kiel und Unterwasserschiff müssen ebenso begutachtet werden. Beim Charterboot übernimmt das meist ein von der Basis bestellter Taucher, bei einer privaten Probefahrt kann abtauchen ebenfalls helfen. Ist das Wasser zu kalt, muss ein Krantermin ausgemacht werden. Die Kosten sind gut investiert. Entweder in ein ruhiges Gewissen, dass die Kiel- Rumpf-Verbindung, Kielvorderkante (Auflaufschaden), Saildrive, unteres Ruderlager und Antifouling top aussehen, oder sie bewahren vor einem Fehlkauf und unzähligen Stunden in der Werft.

Nach jeder Probefahrt steht die To-do-Liste, und dann geht es frohen Mutes in die Saison. Oder im Fall einer Kaufabsicht ab zum nächsten Schiff.

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