Am 33. Spieltag hätte der 1. FC Köln schon aus der Fußball-Bundesliga absteigen und Holstein Kiel sicher aufsteigen können. Letztlich retteten sich die Kölner in die Relegation, die Kieler müssen die Zusatz-Belastung als Chance in eh harten Zeiten ansehen.
Verkehrte Gefühlswelt vor der Relegation: Meistens geht der Fußball-Bundesligist mit zittrigen Knien und gehöriger Abstiegs-Angst in die Entscheidungsspiele, der Zweitligist lauert euphorisch auf seine Aufstiegschance. Die Entwicklung der letzten beiden Wochen hat die Stimmungslage beim 1. FC Köln und Holstein Kiel vor dem ersten Duell am Mittwoch (18.30 Uhr im Liveticker bei ntv.de und live bei DAZN) aber komplett gedreht. Der FC sieht die Relegation nach dem Schlussspurt von den direkten Abstiegsrängen als Geschenk, das er entschlossen nutzen will. Die Kieler laufen nach dem verspielten Direkt-Aufstieg mit zwei Niederlagen zum Abschluss und angesichts eines ultraharten Programms im vergangenen Monat mental wie körperlich auf der Felge.
Kölns Trainer Friedhelm Funkel lebt entsprechend das pure Selbstbewusstsein vor und zeigt sich "überzeugt, dass wir es schaffen". In der Zwei-Spiele-Verlängerung seiner langen Karriere kann der 67-Jährige endgültig zum Kölner Retter werden. Sein nicht einmal halb so alter Kollege Ole Werner könnte nach dem Bayern-Coup und Halbfinal-Einzug im DFB-Pokal eine großartige Saison krönen. Aber eben auch auf der Zielgeraden das kleine Fußball-Wunder von der Förde verspielen.
Der 33-jährige Werner wirkte nach der finalen 2:3-Niederlage gegen Darmstadt so zermürbt, als sei schon alles vorbei. Eine weitere Pressekonferenz vor dem Spiel gab er nicht. Aus seinen Worten vom Sonntag sprach wenig Optimismus. "Das ist extrem bitter. Da ist einiges in den Köpfen passiert. Nun geht es darum, uns körperlich und mental zu regenerieren", sagte der Coach, dessen Team nach doppelter Quarantäne acht Pflichtspiele in 29 Tagen absolvieren musste.
Kiel hat mehr Personalprobleme als Köln
"Wir müssen Haltung wahren, unsere Haut so teuer wie möglich verkaufen und versuchen, das Unmögliche doch noch möglich machen", sagte Werner. Es klang wie das Pfeifen im Walde. Sportchef Uwe Stöver versuchte derweil am Dienstag, das Stimmungsbild etwas zu drehen. "Ich denke, dass jede Mannschaft an einem gewissen Tag zu knacken ist", sagte er den "Kieler Nachrichten" und ergänzte: "Ich denke, dass die Kölner mehr zu verlieren haben." Erschwert wird das Ganze auch durch die personelle Situation. Während bei Kiel mit Alexander Mühling und Jonas Meffert zwei Leistungsträger im zentralen Mittelfeld für das Hinspiel in Köln gesperrt ausfallen, kehren beim FC mit Ellyes Skhiri und dem für die U21-EM nominierten Ismail Jakobs zwei wichtige Spieler nach Sperren zurück.
Bleibt als Kölner Gefahr und Kieler Chance eigentlich nur Hochmut beim Favoriten. "Wir dürfen nicht damit rechnen, dass sie niedergeschlagen sind", mahnte Funkel deshalb: "Wir bereiten uns auf eine Jetzt-erst-recht-Stimmung bei Kiel vor." Und auch der Statistik, nach der sich in den vergangenen acht Jahren sieben Mal der Erstligist durchsetzte, will der Routinier nicht vertrauen. "Vor zwei Jahren ist Stuttgart gegen Union abgestiegen", sagte er: "Es schafft nicht immer der Erstligist. Es gab schon mal eine Ausnahme. Die wollen wir aber verhindern."
Die Störche, die erster Bundesligist aus Schleswig-Holstein sein wollen, nisten sich derweil in der Rolle des krassen Außenseiters ein. "Wir waren immer dann am stärksten, wenn keiner mehr einen Pfifferling auf uns gesetzt hat", sagte Werner. So deutlich wie jetzt war das in dieser Saison aber höchstens in den Pokal-Spielen gegen die Bayern (6:5 i.E.) und Dortmund (0:5) der Fall. Doch eines davon haben die Kieler ja sogar gewonnen.
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