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Leipziger Harmlosigkeit kostet den Meistertitel - sportschau.de

"Riesenprobleme" wollte Julian Nagelsmann nach der 0:1-Niederlage im Bundesliga-Showdown gesehen haben, und diese Riesenprobleme soll seine Mannschaft tatsächlich den Bayern bereitet haben. Nagelsmann meinte den Druck, den RB tatsächlich phasenweise aufbauen konnte, am größten war er zwischen der 46. und 70. Minute: 9:0 Torschüsse hatten die Gastgeber in dieser Phase. Doch zwingende Chancen kamen dabei fast gar nicht heraus. Und das offenbart eher das Riesenproblem des höchstwahrscheinlich kommenden Vize-Meisters.

Ohne Stürmer keine Wucht

Am Ende reichte Bayern München ein einziger brillant vorgetragener Angriff und ansonsten eine hochkonzentrierte Defensivleistung, an der sich auch die sonst oft in dieser Spezialdisziplin gescholtenen Leroy Sané und Kingsley Coman beteiligten, um RB nur eine wirklich zwingende Aktion zu gestatten: Marcel Sabitzers Distanzschuss in der 59. Minute zwang Manuel Neuer zu einer Großtat. Viel mehr war es nicht, was Leipzig an echter Torgefahr ausstrahlte, stattdessen gab es eine Reihe von Halbchancen und ungenauen Abschlüssen - auch wenn der Ballbesitz phasenweise bei 58 Prozent lag.

Möglicherweise lag das auch an der vergleichweise mutlos besetzten Startelf, die Nagelsmann für dieses Gipfeltreffen gewählt hatte. Nicht zum ersten Mal verzichtete er komplett auf echte Stürmer: Auf der Ersatzbank saßen Yussuf Poulsen, Alexander Sörloth, Justin Kluivert und Hee-chan Hwang. Entsprechend gering war die Wucht, die die nur aus offensiven Mittelfeldspielern Emil Forsberg, Christopher Nkunku und Dani Olmo bestehende vorderste RB-Reihe entfaltete - vor allem im ersten Durchgang. 

Bayern gibt das Mittelfeld frei

Dabei hatte es durchaus den Anschein, als ob gegen die Bayern mit mehr Entschlossenheit und Präsenz im gegnerischen Strafraum viel mehr möglich gewesen wäre. Denn das Mittelfeld gaben die Gäste zunächst weitgehend widerstandslos frei: Thomas Müller gestikulierte in der 15. Minute wild in Richtung seiner Teamkameraden, sich nicht dermaßen hinten reindrängen zu lassen. Doch immer wieder fehlten Leipzig die Genauigkeit und die Passschärfe im letzten Drittel, auch tiefe Läufe an die Bayern-Grundlinie gab es fast gar nicht.

Mit der Hereinnahme von Kluivert für den wirkungslosen Forsberg (nur 18 Ballkontakte) korrigierte Nagelsmann zur zweiten Halbzeit seinen komplett missglückten Ansatz, dem Rekordmeister nur über lange Ballbesitzphasen beizukommen - das volle Risiko scheute er aber immer noch.

Unterschied beim Verschieben der Abwehrkette

Dabei lagen die Leipziger zu diesem Zeitpunkt bereits in Rückstand, weil auch ein entscheidender Unterschied in der Abwehrarbeit bestand: Die Bayern schafften es trotz des Fehlens von Jerome Boateng, sehr präzise gemeinschaftlich in der Kette rauszurücken und die Gastgeber dadurch immer wieder ins Abseits zu stellen.

Genau diese Präzision in der letzten Kette fehlt Leipzig beim Gegentor: Alle vier Verteidiger standen auf unterschiedlichen Höhen orientierungslos im Raum, so dass erst Thomas Müller unbedrängt zwischen Willi Orban und Lukas Klostermann bis an die Grundlinie durchstarten und zum Torschützen Leon Goretzka zurückspielen konnte - auch den hatte kein RB-Verteidiger aufgenommen.

Zu spät ins Risiko gegangen

Danach zogen sich die Bayern wieder zurück, überließen Leipzig Ball, Raum und die klare Führung in der Torschuss-Statistik - und doch blieb Neuer weitgehend beschäftigungslos. Gefährlich wurde es einmal, als Niklas Süle der Übermut packte und er am eigenen Fünfmeterraum ins Dribbling ging - doch auch in dieser Szene blieben die Bayern am Ende Sieger.

Obwohl Nagelsmann vor der Partie klar angesprochen hatte, dass nur mit einem Sieg die Meisterschaft spannend zu halten wäre, brauchte er bis zur 73. Minute, um mit der Doppel-Einwechslung von Sörloth und Poulsen voll ins Risiko zu gehen. Auch Hwang kam acht Minuten vor Schluss noch in die Partie - aber Süle und der sehr umsichtige David Alaba blieben bis zum Ende Herren der Situation.

Lewandowski-Ausfall blieb folgenlos

So fiel der Ausfall von Lewandowski, den viele als möglichen Wendepunkt im Titelkampf ausgemacht hatten, praktisch nicht ins Gewicht - obwohl den Bayern damit der Mann fehlte, der allein 35 Saisontore auf dem Konto hat. Die besten Leipziger in dieser Kategorie sind Forsberg, Nkunku und Marcel Sabitzer - sie liegen bei sechs Saisontoren.

Dieses wirkliche "Riesenproblem" sprach Nagelsmann dann aber auch noch klar an: "Wir haben 31 Tore weniger geschossen als die Bayern, das kommt nicht von ungefähr." Und es entschied nicht nur dieses Gipfeltreffen am Karsamstag, sondern auch den Titelkampf.

Stand: 03.04.2021, 22:30

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