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Komplizierte Olympia-Quali:Für den Handball geht's jetzt um die Existenz - n-tv NACHRICHTEN

Der deutsche Handball blickt mit Hoffnung und Sorgen nach Berlin: Dort muss sich das DHB-Team für Olympia qualifizieren. Aber es geht um viel mehr, als nur um die Aussicht auf Medaillen. Die Mannschaft, zuletzt bei der WM schwer geschlagen, ist auf einer existenziellen Mission.

Vielleicht helfen die puren Gedanken an das Gelingen, um das Scheitern zu verhindern. "Wir schaffen das", sagt Mark Schober und man kann seinen Gesichtsausdruck erahnen, wenngleich der Vorstandsboss des Deutschen Handballbundes (DHB) die Aussage am Telefon tätigt. "Ich denke nicht darüber nach, dass wir es nicht schaffen", fügt er an: "Ich glaube an die Mannschaft."

Von Freitag bis Sonntag stehen drei Spiele der Nationalmannschaft an, die wohl die wichtigsten der kommenden Jahre sein werden. Bei der Olympia-Qualifikation in Berlin geht es in den Duellen gegen Schweden, Slowenien und Algerien darum, eines von zwei Tickets für die Spiele in Tokio zu sichern. Im Sommer soll in Japan anschließend die mutige Vision Wirklichkeit werden, die der Verband vor sieben Jahre aufgestellt hat: Der Gewinn der Goldmedaille. Sollte die Mannschaft die herausfordernden Aufgaben in der Max-Schmeling-Halle nicht lösen, ist aber nicht nur der Medaillentraum jäh zerplatzt, sondern der Verband darüber hinaus in verschiedenen Bereichen nachhaltig geschädigt.

Hanning ist "guten Mutes"

Vor wenigen Monaten hat die Verbandsspitze das "Jahrzehnt des Handballs" ausgerufen. In den 2020er Jahren soll der Sport in Deutschland einen Schub erfahren, seine Rolle als Mannschaftssportart Nummer zwei hinter Fußball festigen und ausbauen. Mit der EM 2024 und der WM 2027 bei den Männern, der WM 2025 der Frauen und der Junioren-WM 2023, die allesamt in Deutschland stattfinden werden, wollten die Verantwortlichen einen Grundstein für die Fortentwicklung legen. Mit einem Scheitern in der Olympia-Quali der Männer-Nationalmannschaft, die immer noch das mit Abstand stärkste Zugpferd ist, würden die Bemühungen drastisch ausgebremst.

Mark Schober weiß das und Alfred Gislason ist sich dessen ebenfalls bewusst. Der Bundestrainer wurde vor 14 Monaten kurzfristig anstelle von Christian Prokop verpflichtet, weil ihm die Aufgabe zugetraut wurde, die Mannschaft zunächst nach Tokio und dort im Anschluss zu einer Medaille zu führen. Der langjährige Coach des THW Kiel, der mit dem Rekordmeister viele Titel sammelte, unter anderem zwei Mal die Champions League gewann, wird an dieser Vorgabe gemessen werden (müssen).

Bei der Weltmeisterschaft im Januar musste Gislason die Absage einiger Leistungsträger hinnehmen, das Team zeigte dennoch ordentliche Ansätze, doch am Ende stand mit dem zwölften Rang das schlechteste Abschneiden der deutschen WM-Geschichte. Klappt in Bestbesetzung die Qualifikation für Tokio nicht, wird der Isländer in die Kritik geraten – auch wenn es aktuell keine ernsthafte Alternative für ihn gibt und sein Vertrag noch bis zur EM im kommenden Januar läuft.

"Ich möchte mir keine Gedanken darüber machen, dass wir scheitern, sondern bin guten Mutes, dass wir es schaffen", sagte Bob Hanning zwei Tage vor dem ersten Spiel in Berlin gegen Vize-Weltmeister Schweden. Der einflussreiche DHB-Vizepräsident hatte während und nach der WM im Januar an der Gold-Mission festgehalten. Hanning, der seinen Verbandsposten im Herbst abgeben wird, weiß um die Strahlkraft für seine Sportart, wenn die Mannschaft in Tokio dabei ist. Gleichzeitig fürchtet er die Folgen, wenn das nicht der Fall ist.

Olympia-Aus ginge an die Substanz des Sports

Das öffentliche Interesse an der Nationalmannschaft und damit am Handball insgesamt würde weiter zurückgehen, die Einschaltquoten sinken. Während der WM in Ägypten blieben die Zuschauerzahlen der deutschen Spiele, die allesamt von ARD und ZDF im Abendprogramm prominent ausgestrahlt wurden, hinter den Erwartungen zurück. Das entscheidende Duell um den Einzug ins Viertelfinale gegen Ungarn sahen nicht einmal fünf Millionen Menschen, nachdem bei der Heim-WM zwei Jahre zuvor noch mehr als zehn Millionen Fans am TV die Daumen drückten. Eine Folge der auch für die Fernsehanstalten ernüchternden Zahlen: Die deutschen Spiele in Berlin werden bereits am Nachmittag angepfiffen. ARD und ZDF scheuten sich davor, Handball erneut ins Abendprogramm zu hieven.

Einen direkten finanziellen Schaden würde ein Scheitern in Berlin nicht zur Folge haben, Sponsorenverträge sind nicht an die Teilnahme in Tokio gekoppelt. Dennoch würde es Einbußen geben, denn die Sport-Förderung des Bundes berechnet sich nicht nur, aber auch durch das Abschneiden bei Olympischen Spielen. Im PotAS, dem Potenzial-Analyse-System, legt das Innenministerium fest, mit welchen Summen die Olympischen Sportarten in den folgenden Jahren gefördert werden. Die Verbände, darunter auch der DHB, bestreiten aus diesen Mitteln große Teile der Nachwuchsförderung. "Die Teilnahme an den Olympischen Spielen ist nicht die einzige Bewertungsgrundlage", sagt DHB-Vorstandsboss Schober. Dennoch würden vermutlich die öffentliche Mittel für die Sportart gekürzt, wenn nach den Frauen auch die Männer die Qualifikation verpassen.

Es geht deshalb für den deutschen Handball in Berlin um viel. Die Qualifikation für Tokio ist von enormer Bedeutung für den Deutschen Handballbund. "Dafür sind wir hier", sagt Nationalspieler Fabian Wiede. Er wirkt entschlossen, Gedanken an ein Scheitern verschwendet er nicht.

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