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vonThomas Kilchenstein
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Daniel Schmitt
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Auch der 1. FC Köln ist der spielerischen Überlegenheit der dominanten Frankfurter Mannschaft nicht gewachsen.
Jetzt spielen sie sogar zu Hause zu Null, etwas, was Eintracht Frankfurt in dieser Runde mit zuvor neun Partien im Stadtwald nie gelungen ist. Ja, kennt diese Mannschaft denn überhaupt keine Grenzen mehr? Ist denn alles plötzlich Makulatur, was bis vor kurzem noch in Stein gemeißelt war? Gegentore zum Beispiel, mindestens eines fingen sich die Hessen doch meistens ein. Diese Frankfurter Mannschaft, sie scheint vor nichts und niemandem mehr Halt zu machen. Der nicht im geringsten gefährdete 2:0 (0:0)-Erfolg über einen durchweg harmlosen 1. FC Köln war bereits der achte Sieg im neunten Spiel, seit Mitte Dezember ist dieses Team ungeschlagen, 26 von 30 möglichen Punkten holte es dabei. Sie steht nun auf Rang drei der Tabelle. Beinahe unglaublich.
Die 39 Zähler, die die Frankfurter bislang einsammelten, ergeben fast einen Zwei-Punkte-Schnitt pro Begegnung, mehr Zähler hat die Eintracht seit der Einführung der Drei-Punkte-Regelung noch nie errungen. Und keiner dieser errungenen Zähler sei „gestohlen oder glücklich geholt“, sagte Trainer Adi Hütter. Wo soll das denn alles nur enden? In der Champions League womöglich. Eine faustdicke Überraschung wäre das nicht, nicht mehr. „Wir wissen, wir können jeden schlagen in der Liga, wenn wir so auftreten“, sagte der Torwart Kevin Trapp, der an diesem kühlen Sonntagnachmittag genau einen Schuss halten musste, und der wäre vermutlich vorbeigegangen. So viel zur Überlegenheit der Gastgeber.
Es war ein hochverdienter Sieg, darüber gab es keine zwei Meinungen. Und es war ein Sieg, der viel Geduld erforderte, im Hurra-Stil haben die Hessen die Rheinländer nicht überfahren. Das war auch nicht zu erwarten gewesen, der 1.FC Köln, ziemlich ersatzgeschwächt, agierte äußerst defensiv, massierte die Deckung, was keinesfalls verboten ist, und versuchte, wie Sportvorstand Fredi Bobic hinterher analysierte, „das Spiel unruhig zu machen.“ Trapp, der beschäftigungslose Torwächter, sprach später von „einem ekligen Spiel“.
Insofern dauerte es eine Weile, bis die Mannschaft der Stunde in Fahrt kam. Gerade in der Anfangszeit und kurz nach der Pause sei „nicht alles Gold“ gewesen, „was glänzte“, sagte Coach Hütter. An der turmhohen Feldüberlegenheit änderte die etwas längere Anlaufzeit aber nichts. Gelegenheiten, bereits im ersten Abschnitt den Sack zuzumachen, hatte es reichlich gegeben, doch Daichi Kamada, Amin Younes, Evan Ndicka, ja selbst Knipser André Silva ließen gute Chancen liegen. Trotzdem hatten Beobachter im leeren Rund nie auch nur den Hauch des Gefühls, diese Partie könnte einen anderen Sieger sehen als Eintracht Frankfurt.
„In der Halbzeit haben wir uns gesagt, noch mal zehn, 20 Prozent draufzupacken“, erzählte Rechtsverteidiger Erik Durm über die Pausenansprache. Er war es dann, der mit einem halbwegs verunglückten Schuss, den Kamada irgendwie zu Silva veredelte, die hochverdiente Frankfurter Führung einleitete. Und natürlich war es wieder der Portugiese, der das 1:0 (57.) per Lupfer markierte, „der Türöffner“, wie Bobic den Daumen hob. Es war schon der 18. Treffer des im Abschluss eiskalten Angreifers, so viele Tore nach 21 Spieltagen hat noch kein Eintrachtler je erzielt, kein Yeboah, kein Hölzenbein, kein Andersen, kein Gekas, kein Meier, kein Haller, kein Jovic. Und wenn André Silva so verlässlich weiter trifft, wird er auch den bisherigen Torrekord von Bernd Hölzenbein brechen, der in der Saison 1976/77 auf insgesamt 26 Treffer kam, mehr Ligatore erzielte seitdem kein Frankfurter.
Erneut war es das hohe spielerische Level, das an diesem Tag den Ausschlag gab. Die Hausherren schafften eine Passquote von beachtlichen 82 Prozent, sie hatten 61 Prozent Ballbesitz und gaben 16 Torschüsse ab. Eintracht Frankfurt kombinierte die sehr tief stehenden Kölner einfach aus, das war in der Vergangenheit oft das Problem: dass die Hessen gegen eng und massiert zusammengezogene Teams einfach nicht durchkamen, das ist mittlerweile anders.
31 ihre 39 Punkte holten die Frankfurter gegen Mannschaften, die in der Tabelle hinter ihnen standen. Die spieltechnische Qualität machte auch in dieser Begegnung den entscheidenden Unterschied, selbst wenn es anfangs leicht holperte. Aber insgesamt hätte man viele Phasen gehabt, „in denen wir gut Fußball spielen“, sagte Hütter. Bobic fand „imponierend“, wie das Team an die spielerische Leistung der letzten Wochen angeknüpft habe, mit „welch brutaler Mentalität wir dagegen gehalten haben“, und dazu gehört bisweilen, die Ellenbogen auszufahren. „Wir sind gut drauf“, brachte Hütter die 90 Minuten auf einen simplen Nenner. Die letzten kleinen Zweifel am standesgemäßen Erfolg beseitigte Verteidiger Evan Ndicka, der nach feiner Ecke von Filip Kostic das 2:0 (79.) köpfte.
Nun kommt es am kommenden Samstag gegen den FC Bayern zu einem echten Spitzenspiel, da trifft die Mannschaft der Stunde, Tabellenplatz drei, auf „die beste Mannschaft der Welt“ (Hütter), „ein Bonusspiel“, wie Bobic sagt. Bange machen gilt in Frankfurt nicht mehr, selbst wenn die so erfolgreiche Elf wegen der fünften Gelben Karte von Abräumer Djibril Sow auseinandergerissen werden muss. Makoto Hasebe, der niemals müde zu werden scheint, hat schon mal die Stoßrichtung vorgegeben: „Wir können auch Bayern schlagen“, hat er einen neuen Anspruch formuliert, aus dem Mund des sehr besonnenen Japaners klingt das derzeit alles andere als überheblich oder großspurig. „Wir wollen weiter auf der Welle reiten“, sagt Erik Durm. Im Augenblick, findet Kevin Trapp, habe er das Gefühl, „die Jungs freuen sich schon auf das nächste Spiel“. Für Eintracht Frankfurt in dieser Verfassung ist es nicht das schwerste.
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